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Waschbären auf dem Vormarsch

Wildtiere aus Amerika machen Jägern und Bauern im Altkreis Probleme

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Altkreis Halle (WB). Der Waschbär ist ein possierlicher kleiner Kerl - doch die Sympathie der heimischen Jäger verscherzt er sich mehr und mehr.

»Der Waschbär verdrängt uns hier den Iltis, einen phantastischen Rattenjäger«, hat Prof. Helmut Diedrich, Revierinhaber in Halle, schon seine Erfahrungen mit dem »Neubürger« gemacht, einem aus Amerika stammenden Wildtier, das sich seit einigen Jahren auch im Altkreis Halle stark vermehrt und hier keine natürlichen Feinde hat.
Wie der Waschbär sind am Teutoburger Wald auch andere exotische Wildarten auf dem Vormarsch. Kanadagänse zum Beispiel: Seit vorgestern dürfen die Jäger in Halle und Steinhagen diese Wildgänse erstmals bejagen, sagte Halles Hegeringsleiter Erich Schaefer gestern im WB-Gespräch. Denn die ebenfalls aus Nordamerika eingewanderten Gänse »nehmen allmählich Überhand«. Vor zehn Jahren noch waren die auffällig gezeichneten Gänse im Kreis ziemlich unbekannt. Jetzt verbreitet sich die Population immer mehr nach Westen - zum Leidwesen der Bauern. »Das geht bis zum Kahlfraß«, sagte Kreisjagdberater Gerhard Sussiek. Weil die Landwirte sich darüber ärgern, dass die Gänse an die frischen Saaten gehen, dürfen sie jetzt bis zum Ende der Niederwildjagd am 15. Januar auch auf den Seen und Teichen in Sandforth, in der Vennheide in Brockhagen und an der Barrelpäule in Kölkebeck bejagt werden. Erich Schaefer, der derzeit von »Theater mit Dachsen« in Künsebeck zu berichten weiß: »Das ist für die Jäger vielleicht ein Ersatz für die Kaninchen, die es hier früher in weit größerer Zahl gab«.
Zurück zum Waschbären: Der nachtaktive und ungemein »heimliche« Geselle plündert Vogelnester und Fasanengelege und holt sich Frösche aus dem Wasser. Wie groß der Bestand hier ist, das will Prof. Diedrich jetzt mit einigen Tricks »checken« und mit Süßigkeiten. Denn der Waschbär, der, ebenso wie ein Steinmarder auch ganze Dachisolierungen ruinieren kann, ist äußerst geschickt im Gebrauch seiner Pfoten - ein Ansatzpunkt, der dabei helfen kann, seine Zahl zu ermitteln.
»Der nimmt alles, was er kriegen kann«, weiß auch Gerhard Sussiek, der den kleinen Räuber vor zwei Jahren schon in einer Falle gefangen hat. Noch gefräßiger und auch größer als der Waschbär sei allerdings der Marderhund, auch Enok genannt. Der Kreisjagdberater: »Wir befürchten, dass der hier auch bald auftaucht. Und er ist das I-Tüpfelchen von allen Räubern«.

Artikel vom 10.11.2006