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Irokesen-Punker übertrafen Erwartungen

Zehn Bands zu Gast bei »Taste of Chaos«-Tour im Ringlokschuppen

Bielefeld (jm). Seine Lieblingsband einmal in der eigenen Heimatstadt zu sehen, das ist wohl der größte Traum eines jeden Rockfans. Die »Taste of Chaos« erfüllt seit dem vergangenen Jahr diesen Traum und bringt fünf der populärsten Bands der Szene in die heimischen Konzerthallen.

Dazu kommen noch etliche Support-Bands aus der Umgebung, die im fliegenden Wechsel auf einer kleinen Nebenbühne an das Hauptprogramm anknüpfen -Ê nach dem Motto viel Programm für wenig Geld. Und so fanden sich rund 1500 Emos, Punker und Metaller zum Megaspektakel im Ringlokschuppen ein.
Gleichwohl fiel die Veranstaltung im Vergleich zum Vorjahr ab. Zwar konnten Publikumsmagneten wie »Taking Back Sunday« und »Anti-Flag« engagiert werden, jedoch sind die Kollegen von »Underoath«, »Senesfail« und »Saosin« hierzulande doch eher unbekannt, was sich auch an der Zuschauerzahl bemerkbar machte. In dem nur halb gefüllten Ringlokschuppen startete das Bonner Quintett »Fire in the Attic« das Konzert.
Zwischen den Umbauphasen auf der Hauptbühne, heizten »Getaway Drivers«, »Ashes of Pompeii«, »Deceptions« und »After one Summer«, die demnächst auch beim »Bielefeld rockt«-Bandwettbewerb zu sehen sind, der Menge ein. »Saosin« aus Kalifornien sind in den Staaten die Newcomerband in Sachen Screamo und Psychedelic.
Gitarrist Beau Burchell dirscht auf sein Instrument ein und die weiblichen Fans schwärmen von Sänger Cove Rebers engelsgleicher Stimme. Aus ihrem neuen Album »Saosin« jagten sie Hits wie »Voices« oder »Its better far to learn« durch die Boxen.
»Senses Fail« haben ebenfalls seit kurzem eine neue Scheibe, »Still searching«, auf dem Markt. Überraschend war, dass sie ihre Lieder auf der Bühne deutlich härter präsentierten als auf CD, ansonsten stachen sie nicht besonders hervor.
Bei »Underoath« sprang zum ersten Mal an diesem Abend der Funke über. Zu den heulenden Gitarrenriffs, sphärischen Keyboardbeats und Spencer Chamberlains bedrohlichem Schreien sprang die Menge wild durcheinander. Als er sich von der Bühne ins Publikum stürzte gab es kein Halten mehr und der Frontmann brüllte mit den Fans zusammen im Chor die Zeilen zu »Writting on the Walls« ins Mikrophon.
Die Irokesen Punker von »Anti-Flag« überboten alle Erwartungen. Bassist Chris sprang athletisch von den Gitarrenboxen Êwährend Gitarrist Justine Sane sich im Kreis drehte, seinem Ärger über die amerikanische Regierung freien Lauf ließ und ihn lauthals in die Halle schrie.
Der Hauptact »Taking Back Sunday« hätte das Konzert und beinahe die ganze Tour am Tag des Auftritts absagen müssen. Fred Mucherino Êmusste aus familiären Gründen am frühen Morgen die Heimreise antreten. Spontan entschlossen sich jedoch Bandmitglieder von »Underoath« und von »Saosin« seine Gitarren und Gesangseinlagen zu übernehmen. Goldkelchen Adam Lazara stolzierte stolz über die Bühne, schleuderte akrobatisch das Mikrophon um sich, warf es weg wie eine Angelschnur. Da aus Zeitgründen nicht alle Lieder mit den Ersatzmusikern einstudiert werden konnten, fehlten leider viele wichtige Hits.
Der androgyne Frontmann Adam spielte im Anschluss noch ein paar ÊCoverversionen auf Akustik-Gitarre und Mundharmonika. -ÊAlles in allem ein lohnenswertes Konzert, das jedoch die im Vorjahr gesteckten Erwartungen nicht erfüllen konnte.

Artikel vom 11.11.2006