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Das befürchtete Chaos auf den
Flughäfen in Europa blieb aus

Neue Vorschriften für das Handgepäck sind seit gestern in Kraft

Frankfurt/Paderborn (WB/dpa). Die neuen EU-Vorschriften für das Handgepäck von Flugreisenden haben gestern auf einer Reihe von deutschen und europäischen Flughäfen zu Beeinträchtigungen geführt. Das befürchtete Chaos blieb jedoch aus.

Am Flughafen Paderborn-Lippstadt kam es gestern nur zu geringfügigen Verzögerungen bei den Sicherheitskontrollen. Ein Informationsstand vor dem Check-In gibt den Fluggästen hier Gelegenheit, Gegenstände aus der Handtasche oder dem Rucksack in den Koffer umzupacken. Wer sein Gepäck am Abend vor dem Flug aufgibt, muss damit rechnen, dass verbotene Gegenstände im Handgepäck vom Flughafenpersonal konfisziert werden.
»Es hat alles ziemlich gut geklappt, und es gab auch keine Verzögerungen«, sagte die Sprecherin des Köln-Bonner Flughafens, Beate Hoffmann. Viele Fluggäste wussten durch die Medien über die Neuerungen Bescheid. Außerdem wurden auf dem Flughafen Broschüren verteilt, und es hängen zweisprachige Poster aus. »Die meisten hatten Verständnis.«
In Düsseldorf und Dortmund lief ebenfalls alles nahezu reibungslos. Auch am Düsseldorfer Flughafen erhielten die Passagiere an eigens aufgestellten Tischen kostenlose Plastikbeutel, um ihre Fläschchen und Tuben zu verstauen. »Viele Passagiere haben Behälter mit Flüssigkeit aber von vornherein gar nicht in ihrem Handgepäck transportiert, sondern in dem aufgegebenen Gepäck«, sagte der Sprecher der Bundespolizei, Achim Berkenkötter.
Lange Wartezeiten auf den Flughäfen in Nordrhein-Westfalen gab es lediglich am Flughafen Münster-Osnabrück. Die Abfertigung habe pro Passagier doppelt so lange gedauert wie sonst, sagte der Geschäftsführer der Flughafen-Sicherheit, Franz-Josef Thiery. Mehr als die Hälfte der Passagiere sei über die neuen Regelungen nicht ausreichend informiert gewesen.
Auf dem größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main lief die Abfertigung nach Angaben der Lufthansa im Großen und Ganzen reibungslos. Nur vereinzelt sei es zu Verspätungen von 15 bis 20 Minuten gekommen. In Berlin bildeten sich auf den Flughäfen Tegel und Schönefeld einige längere Warteschlangen. Flüge starteten mit bis zu 30 Minuten Verspätung.
Auch auf den Pariser Flughäfen Orly und Roissy/Charles-de-Gaulle, aber auch in Brüssel waren die Warteschlangen am Morgen länger als sonst. In Paris hatten die Airports etwa 500 zusätzliche Angestellte zur Abfertigung aufgeboten.
In London-Heathrow und den anderen Flughäfen der britischen Hauptstadt wurden ebenfalls zusätzliche Mitarbeiter eingesetzt. Deshalb seien die Verzögerungen nicht größer als sonst gewesen. Auf dem Brüsseler Flughafen Zaventem waren viele Passagiere nach Medienberichten nicht auf die Beschränkung für das Handgepäck eingestellt.
Seit gestern dürfen, wie berichtet, einzelne Behälter für Flüssigkeiten im Handgepäck maximal 100 Milliliter fassen. Alle Tuben und Flakons müssen in einer durchsichtigen Plastiktasche von höchstens einem Liter Fassungsvermögen verpackt sein. Damit will die Europäische Union verhindern, dass Terroristen an Bord von Flugzeugen flüssigen Sprengstoff herstellen. Für aufgegebenes Gepäck ändert sich nichts.
Nach Ansicht des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sind die neuen Handgepäck-Bestimmungen für Flugreisende lediglich eine »Beruhigungspille«. »Wenn es offenbar schon nicht gelang, die Schleusen für Waffen und sogar Bombenattrappen dicht zu machen, brauchen wir uns über Babynahrung wohl nicht unterhalten«, sagte Freiberg gestern in Berlin. Die festgestellten Sicherheitsmängel an deutschen Flughäfen bei der Kontrolle von Reisenden seien »skandalös« und ein Ergebnis der Privatisierung der inneren Sicherheit.
Wie das SWR-Magazin »Report« berichtete gestern auch der »Spiegel«, dass bei Kontrollen an deutschen Flughäfen Messer, Pistolen oder Bombenattrappen häufig unentdeckt blieben.

Artikel vom 07.11.2006