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Verkauf des Rüschhauses

Kulturlose Fahrradstadt


Der Rat der Stadt Krefeld machte am Donnerstag einen Rückzieher: Nein, das Bild »Parlamentsgebäude in London« von Claude Monet wird doch nicht verkauft, um die Schuldenlast der Kommune zu senken und Geld für die Sanierung des Kunstmuseums zu erlösen. Die Stadtväter in Münster sollten sich an der Entscheidung ein Beispiel nehmen und schleunigst von der Idee abrücken, das Rüschhaus zu verscherbeln, in dem Annette von Droste Hülshoff die berühmte Novelle »Die Judenbuche« schrieb.
Dem minimalen Gewinn fürs Stadtsäckel würde eine gewaltige Rufschädigung gegenüber stehen. Das Museum über die »Droste« kostet Münster jedes Jahr 69 900 Euro und bringt ihm Einnahmen von 30 000 Euro. Heißt im Klartext: Würde das Haus verkauft, ergäbe sich eine jährliche Ersparnis von nicht mal 40 000 Euro. Angesichts von 700 Millionen Euro Schulden ist das ein lächerlich kleiner Betrag.
Wenn Münster künftig als kulturlose Fahrradfahrerstadt belächelt werden möchte, soll es das Rüschhaus ruhig dicht machen. Einer Universitätsstadt wäre das aber nicht würdig. Noch eines lehrt das Beispiel Münster: Unternehmensberatungen sollten sich nicht an der Kultur vergreifen. Der materielle Wert des Rüschhauses lässt sich in nüchternen Zahlen fassen, nicht aber die Bedeutung für Geschichte und Literatur. Zu oft werden Museen Opfer von Krämerseelen, die nur im Telefonbuch lesen. Dietmar Kemper

Artikel vom 07.11.2006