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In Stadtkasse klingelt's nicht wie gewünscht

Gewerbesteuereinnahmen rückläufig

Von Oliver Horst
Versmold (WB). Ob Groß- oder Kleinunternehmen -Êviele Versmolder Betriebe investieren und schaffen neue Arbeitsplätze, wie nicht zuletzt der deutliche Rückgang der Arbeitslosenzahl in der Fleischstadt zeigt. Die Anzeichen sprechen für eine »brummende« Wirtschaft. Doch eine Ausnahme gibt es: In der Stadtkasse klingelt's nicht stärker. Die Gewerbesteuereinnahmen gehen sogar zurück. Der VERSMOLDER ANZEIGER betrieb Ursachenforschung.

Bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs vor einer Woche zeigte Stadt-Finanzfachmann Andreas Pöhler das Dilemma auf. Trotz eines Anstiegs des Gewerbesteuersatzes seit 1994 um 15 Prozent ist das Steueraufkommen nicht gestiegen. Im Gegenteil: Im vergangenen wie auch im laufenden Jahr wird der größte Einnahmeposten der Stadt sogar unterdurchschnittlich sein. 9,75 Millionen Euro flossen seit 1994 im Schnitt jährlich in die Stadtkasse. 9,2 Millionen waren es 2005, nur 9,0 Millionen sollen es im laufenden Jahr sein. »Zum Auffangen der Mehrausgaben hätte zumindest ein Inflationsausgleich eingenommen werden müssen«, sagt Pöhler.
Zusammen mit der Steuersatzerhöhung würde dies heute ein Gewerbesteueraufkommen von mindestens 14 Millionen bedeuten. Warum die Wirklichkeit anders aussieht, dafür gibt es mehrere Gründe.
Einer sind die Investitionen, die als Abschreibungen die Gewinne und damit auch die Steuergrundlage vorübergehend drücken. Denn alleine die drei Großen der Wurstwarenbranche -ÊNölke, Reinert und Wiltmann -Êhaben zuletzt Millionen in Betriebsstätten oder die Optimierung von Betriebsabläufen investiert. Kraftverkehr Nagel schultert derzeit mit dem Bau der neuen Niederlassung im interkommunalen Gewerbegebiet das größte Projekt in der 71-jährigen Firmengeschichte. Und auch Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe haben Geld in die Hand genommen, um sich fit für die Zukunft zu machen.
Als weiterer Grund ist Versmolds Wirtschaftsstruktur anzusehen. Mit 2500 Beschäftigten ist die Fleischwarenbranche absoluter Schwerpunkt. Und die Branche kämpft seit längerem mit sinkenden Gewinnmargen, weil die Preise für den Rohstoff Fleisch als auch die Kosten für Verpackung, Energie und Logistik deutlich gestiegen sind. Ende März sprach Hans-Ewald Reinert, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Loxtener Privat-Fleischerei, gegenüber dem VERSMOLDER ANZEIGER von einem »Ertragsproblem«.
Die höheren Kosten, so Reinert, müssten an die Kunden weitergeben werden. Im von Handelsketten und Discountern geprägten Markt lassen sich Preiserhöhungen allerdings nur schwer durchsetzen.

Artikel vom 04.11.2006