03.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Immer mehr Kinder brauchen Unterstützung

Interview mit der AGS-Vorsitzenden

Steinhagen (WB). »Markt der guten Taten« wird der Steinhagener Weihnachtsmarkt auch genannt. 1 089 503,75 Euro sind in 31 Jahren in den großen Topf der AGS geflossen, deren Hilfe für Vereine, Institutionen und bedürftige Einzelpersonen in Zeiten knapper öffentlicher Mittel mehr denn je gefragt ist. Über Förderbedarf und Bedürftigkeit sprach WB-Redakteurin Annemarie Bluhm-Weinhold mit AGS-Vorsitzender Renate Kampmann.

Welche Projekte und Anträge hat die Aktionsgemeinschaft aktuell mit den Mitteln des Weihnachtsmarktes 2005 finanziert?
Das waren ganz viele und ganz vielfältige Maßnahmen. Wir haben im vergangenen Jahr einen Reinerlös von 46 279,52 Euro erwirtschaftet, mit dem wir etwa die Anschaffung des neuen Kirchbullis unterstützt haben ebenso wie Präventions-, Selbstbehauptungs- und Kunstprojekte an den Schulen, einen Computer für die Bücherei im Busch-Haus, einen Rasenmäher für die Pfadfinder, Sanitätskoffer für die Spvg., die Ferienspiele der Gemeinde und die Kleiderstube. Auch haben wir private Hilfe übernommen.

Gerade im Hinblick auf diese private Hilfe, die Unterstütung bedürftiger Einzelpersonen: Haben sich die Anträge auf Förderung verändert?
Auf jeden Fall hat die Einzelfallhilfe drastisch zugenommen. Früher haben wir meist nur in akuten Notfällen, etwa nach einem Wohnungsbrand, geholfen. Seit fünf, sechs Jahren fördern wir immer häufiger Kinder, helfen bei den Kosten für Klassenfahrten oder für die Betreuung auffälliger Kinder. Auch die Kosten für das Mittagessen in einigen Fällen in der Offenen Ganztagsschule haben wir übernommen, für Kinder, die es bitter nötig haben.

Woran liegt die zunehmende Einzelfallhilfe? Ist es steigende Armut in der Gesellschaft?
Eindeutig ja. Das wird auch deutlich an den Zuschüssen, die wir für die CVJM-Freizeiten auf Spiekeroog und in Schweden geben. Da fördern wir aber nicht einzeln, sondern mit einer Pauschale, so dass der Reisepreis ingesamt günstiger und für mehr Familien erschwinglich wird.

Gibt es nicht irgendwo auch eine Grenze, wo die AGS für eigentlich kommunale Ausgaben aufkommt?
Gemeinde oder Kreis kürzen die Leistungen etwa für Schulen bis auf die gesetzlichen Vorgaben. So sind wir bei der Förderung der Radfahrprüfung eingesprungen. Oder eben beim Mittagessen. Gerade da muss man aber auch Überzeugungsarbeit leisten, denn der Staat hat die Offene Ganztagsgrundschule ja gewollt und müsste von daher alle Kosten übernehmen. Wenn wir nicht fördern, treffen wir aber die Falschen: die Kinder aus sozial schwachen Familien. Das zeigt sich auch in einem anderen Bereich, beim Spielmobil: Auch da hat sich die Gemeinde mehr und mehr zurückgezogen mit dem Argument, es gebe ja Spielplätze. Doch die Kinder, die zum Spielmobil kommen, gehen nicht unbedingt auf Spielplätze oder in Vereine. Sie stammen oft aus schwierigen Familien, und so ist die Fachkraft des Spielmobils nötig, um Probleme früh zu erkennen. Das spart mitunter später größere Kosten.

Artikel vom 03.11.2006