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Wolfgang Borgert fragt regelmäßig aktuelle Konjunkturdaten ab.

Der Bauboom verleiht
dem Handwerk Flügel

Bielefelder spüren eine deutliche Konjunkturbelebung

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). »Bau- und Ausbaugewerbe in Bielefeld boomen«, sagt Lena Strothmann. In absoluten Zahlen kann die Handwerkskammer belegen, was die Menschen in der Stadt bei einem Rundgang wahrnehmen: Überall wird gebaut. Dem steht die Kammer nicht nach. Der Bauklassiker bekommt neue Farbe und ein neues Dach verpasst.

Glaubt man der Kammerpräsidentin sowie ihrer Geschäftsführung mit Michael Heesing und Wolfgang Borgert, dann erlebt das Handwerk in diesem »heißen Herbst« konjunkturell in der Praxis, was Prognosen bereits im Frühjahr stets vorhergesagt hatten. Der Abbau der Beschäftigung ist gestoppt, dafür hat die Nachfrage spürbar angezogen. Lena Strothmann: »Das Handwerk hinkt der übrigen Wirtschaft nicht mehr hinterher, sondern ist voll von den allgemeinen Aufwärtstendenzen erfasst.«
Was die Kammer besonders freut: Die Stimmung ist sogar noch besser als in den Boomjahren 1999 und 2000. Manche sprechen sogar von einem Zehnjahreshoch, während gleichzeitig die Zahl der »Pessimisten« mit weiter schlechten Aussichten für ihren Betrieb mit 16 Prozent einen neuen Tiefststand erreicht hat.
Ein Blick in die Stadt offenbart in diesen Wochen den tatsächlichen Boom der Bauwirtschaft. Es kommt streckenweise bereits zu Engpässen bei einzelnen Baustoffen, weiß Kammersprecher Siegfried Mühlenweg. Insbesondere die nachhaltig betriebenen Programme zur energetischen Gebäudesanierung samt Steuervorteilen und KfW-Maßnahmen zeigen Wirkung. Die zum Jahresende verordnete Mehrwertsteuererhöhung indes sind nicht wirklich entscheidend für den momentanen Boom, glauben Heesing und Borgert.
Die Kammer und die Kreishandwerkerschaften wollen deshalb im kommenden Jahr mit ihren intensiven Maßnahmen fortfahren, Menschen zur Heizungssanierung oder zum Umstieg auf alternative Heizformen zu bewegen. Sie wollen ihnen umweltgerechten Umbau mit Fenstern, Fassaden, Dächern schmackhaft machen.
Die Maßnahmen des Sommers 2006 haben Wirkung gezeigt, freut sich Michael Heesing. Die einzelnen Betriebe spüren es jetzt in den Auftragsbüchern und in der Kasse. Und wenn die sich einigermaßen stabilisiert hat, rechnet die Kammer auch mit zusätzlichem Personal und zusätzlichen Lehrstellen. »Das Thema Energieeinsparung durch Gebäudesanierung ist langfristig auch für die Zukunft das beste Konjunkturprogramm«, glaubt Heesing.
Dass der Optimismus über den Jahreswechsel hinausreicht, steht für die Bielefelder außer Frage. Dass die Erwartungen einzelner Befragter gerade bei den aktuell besonders erfolgreichen Betrieben besonders vorsichtig ausfallen, sieht Borgert eher in der Erfahrung der vergangenen Jahre begründet. Kaum eine andere Branche im Oberzentrum ist in den vergangenen zehn Jahren so oft totgesagt und durchweg mit Pessimismus belegt worden wie die Baubranche. Und die allein hat jetzt mit ihrem Klima-Index die Gesamtzahl aller Gewerke von 2005 übertroffen.
Freuen können sich aber auch die Bielefelder Fleischer, die ebenfalls aus dem Schatten der Skeptiker herausgetreten sind und unter den Top 5 rangieren. Und während sich die Nahrungsmittelgewerbe insgesamt erholt haben, dominieren in der Kfz-Branche auch weiter eher dunkle Wolken und erwarten die Gesundheitsgewerbe auch weiterhin keine kräftigen Arbeitsmarktimpulse. Die »Schönheitsgewerbe« von Friseur bis Schneider haben sich auf niedrigem Niveau stabilisiert.
Die Umbauarbeiten am Kammergebäude (Investitionsrahmen 150 000 Euro) selbst gehen bis ins neue Jahr weiter. Neben Dach und Anstrich wird es im Eingangsbereich ein neues Dienstleistungszentrum geben. Es richtet sich an alle Existenzgründer und ihre vielfältigen Fragen. Das Handwerk hat bekanntermaßen nicht nur goldenenBoden, sondern auch Zukunft.

Artikel vom 01.11.2006