01.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Bach-Kenner und
Hexenmeister an der Orgel

Gusia brillierte mit »Dritter Teil der Clavierübung«

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Johann Sebastian Bach lässt ihn nicht los. Es liegt nur wenige Jahre zurück, da stellte Georg Gusia in einem viel beachteten Konzertzyklus das gesamte Orgelwerk des Thomaskantors vor. Jetzt war es dessen »Dritter Teil der Clavierübung«, der vom Jodokus-Kantor zur Freude einer treuen Fan-Gemeinde auf den Konzertplan gehoben wurde.

Im Rahmen der Bielefelder Konzerttage wuchert jeder der drei beteiligten Innenstadtkantoren mit seinen Pfunden und Vorlieben. Neben den Chören der St. Jodokus Kirche, die sich unter Gusias Leitung im Bereich Alter Musik und historischer Aufführungspraxis profilieren konnten -Êder Kammerchor singt zum Abschluss der Konzerttage am Sonntag, 5. November, 16 Uhr, Georg Friedrich Händels Oratorium »Israel in Egypt« -Ê, ist es Georg Gusia, der als stilsicherer und einfühlsamer Orgelvirtuose über die Jahre der Kirchenmusik an der katholischen Innenstadtkirche ein unverwechselbares Gesicht verliehen hat.
Mit dem dritten Teil der Bachschen Klavierübung stellt sich Gusia erneut höchsten Herausforderungen, handelt es sich bei dem 1739 erschienenen Sammelwerk doch keineswegs um Etüden, wie der Titel vermuten lassen würde, sondern um kompositorisch wie technisch extrem anspruchsvolle Musik von zum Teil kathedraler Ausformung.
Sie veranschaulicht unter anderem Bachs Fähigkeit, unterschiedliche Gattungen und Traditionen zu eigenständigen und neuartigen Indvidualwerken zusammenzufügen, die in ihrer Ausdehnung und Komplexität die gottesdienstliche Praxis sprengen und daher aufs Konzertpodium gehören. Nichts- destotrotz stellte Bach den großen Choralbearbeitungen eine kleine, praxistaugliche Bearbeitung zur Seite, die in dem gut einstündigen Virtuosenvortrag indes außen vor blieben.
Was kann man über Georg Gusia, diesen Hexenmeister an der Orgel, noch sagen, das nicht schon gesagt worden wäre?! Seine präzisionsfunkelnde Anmut, seine makellose Technik, seine Fähigkeit zur formalen Durchdringung und strukturellen Transparenz, seine stilsichere und geschmackvolle Registrierungskunst und, und, und. Man vernahm all dies erneut mit Genuss und erfreute sich an Bachs majestätischer, erhebender Tonkunst. Das Publikum dankte anhaltend lang.

Artikel vom 01.11.2006