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Harte Strafe
für Ex-Anwalt
Olaf Ortkraß

Fünfeinhalb Jahre Gefängnis

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh/Bielefeld (WB). Der ehemalige Gütersloher Rechtsanwalt und Ex-Betreuer Olaf Ortkraß ist gestern wegen Untreue und Urkundenfälschung (wir berichteten) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Dieses harte Urteil fällte die IX. Strafkammer des Bielefelder Landgerichts am dritten Verhandlungstag. Der Haftbefehl wurde aufgehoben.

Vor den Plädoyers war es gestern noch einmal zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Verteidiger von Olaf Ortkraß, dem Bielefelder Rechtsanwalt Rainer Pielsticker, und dem Vertreter der Anklage, Oberstaatsanwalt Klaus Steffen gekommen. Nachdem die fünf Beweisanträge von Pielsticker, nämlich mehrere Zeugen zu hören, um auch den Kontrollorganen eine Mitschuld zu geben, von der Wirtschaftsstrafkammer kurzerhand abgelehnt wurden, sah sich der Jurist im Saal 18 des Landgerichts in Bielefeld ungerecht behandelt. Er betonte noch einmal, die Taten von Olaf Ortkraß nicht zu rechtfertigen oder zu schönigen, sondern sie in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Pielsticker: »Eine Vielzahl von Sicherungssystemen, von den Banken bis hin zu Rechtspfleger und Vormundschaftsrichter, haben eindeutig versagt. Ich möchte, dass all das voll aufgeklärt wird.« Sein Mandant sei geständig gewesen und habe die Vorwürfe im Allgemeinen eingeräumt. Der Staatsanwaltschaft warf er ein »Nachtreten« vor, obwohl sie in einer guten rechtlichen Ausgangsposition sei. Sie brauche ihre Lage nicht zu verbessern, immerhin liege das Geständnis auf dem Tisch.
Oberstaatsanwalt Klaus Steffen, der in seinem Plädoyer noch einmal der gesamten Ermittlungsgruppe »Betreuer« und ihrem Leiter, Kriminalhauptkommissar Bernd Stehmann, für ihre aufwändige Arbeit ein dickes Lob aussprach (»Ohne sie wäre eine Hauptverhandlung heute nicht möglich gewesen«), wies noch einmal auf die zahlreichen Anrufe hin, die er in den vergangenen Tagen erhalten habe: »Bei mir haben sich Zeugen gemeldet, die sich darüber beschwerten, dass sie hier vor dem Gericht nicht mehr gehört werden sollen«, sagte Steffen. Die Beweisanträge seien zu Recht abgewiesen worden. Dann sprach der Oberstaatsanwalt Klartext: »Ich will Gerechtigkeit.« Er forderte eine Gesamtstrafe von fünf Jahren und neun Monaten.
In der Anklage stehen noch 73 Fälle der Untreue mit einem Gesamtschaden in Höhe von 827 000 Euro. Im Laufe des Prozesses wurden 25 Fälle mit einem Schaden in Höhe von 113 000 Euro eingestellt. Geblieben sind auch noch zwei Fälle der Urkundenfälschung. Richter Reinhold Hülsmann erklärte in seiner Urteilsbegründung am Nachmittag, dass die Kontrollorgane bewusst und gezielt von dem Angeklagten getäuscht wurden. Schon deshalb sei das nicht strafmildernd zu werten.
Oberstaatsanwalt Klaus Steffen teilte am Rande der gestrigen Verhandlung noch mit, dass gegen mehrere Unternehmer, die Olaf Ortkraß so genannte »Scheinrechnungen« ausgestellt haben, mit denen er dann die Konten seiner Betreuten abgeräumt habe, gesonderte Strafverfahren eingeleitet würden. Einige erhielten aber nur Strafbefehle. Bericht OWL

Artikel vom 01.11.2006