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Franziskanerbruder Frank Hartmann sprach in der St. Michaelsgemeinde. Foto: Gabriele Grund

Wenn Kirche zum
Supermarkt wird

Franziskanerbruder referierte

Versmold (GG). Ist die Kirche noch oder schon wieder im Trend? Und wo steht das Christentum heute? Mit Fragen wie diesen führte Franziskanerbruder Frank Hartmann vom »Franziskanerhaus« in Rheda-Wiedenbrück am Freitag seinen Vortrag ein. Anlässlich des 150-jährigen Bestehens der katholischen Kirchengemeinde St. Michael sprach er in Versmold.

In seinem Vortrag »Glaube im dritten Jahrtausend - Megaout oder voll im Trend?«Êbeleuchtete der Geistliche vor 13 Zuhörern im Gemeindehaus nicht nur die Zukunft der zwei führenden Kirchen in Deutschland, sondern auch die unterschiedlichen Auffassungen der Menschen von Christentum.
Dabei erklärte er, dass manche »Unkenrufer« dem Christentum den Sturz in die Bedeutungslosigkeit voraussagen, sich zugleich aber die Werbung verstärkt religiöser Zeichen und Bedeutungen bedient. »Da begegnen uns nicht nur Engel, sondern auch Franziskanermönche«, zählte Hartmann auf. Auch bei sportlichen Großveranstaltungen und festlichen Eröffnungsfeiern kämen dieÊ Religion und liturgische Inzenierungen nicht zu kurz. »Aber ist das alles noch Religion oder nicht vielmehr eine Verpackung ohne religiöse Inhalte für ein Produkt oder eine Dienstleistung?«
Da die Kirchenaustrittszahlen leicht rückläufig seien und das religiöse Interesse bei vielen jungen Leuten beängstigend nachlasse, sei es umso wichtiger, Menschen wieder für den Glauben an Gott zu gewinnen, appellierte Frank Hartmann. Ê »In den 70er Jahren hieß es oft: Jesus oder Gott ja, Kirche nein. Heute heißt es Gott nein, Religion ja. Der Glaube an Gott geht zurück. Heute sehen viele Jugendliche Gott als eine Art höheres Wesen oder als Energie, aber nicht mehr als Person.« Dies sei ein Drama, weil ein höheres Wesen kein Wirken, keinen Einfluss habe. Der Geistliche animierte seine Zuhörer, öfter wieder Gott in den Mittelpunkt zu rücken. »Der Kern des Glaubens darf nicht verloren gehen.« Die Kirche sei inzwischen -Ê als Träger von Diakonien, Krankenhäusern und »Lieferant« einer Vielzahl von gesellschaftlichen Service-Erfüllungen wie Hochzeiten und Beerdigungen - zu einer Art Supermarkt geworden. Er forderte, dass die Kirche sich mehr auf ihr »Kerngeschäft« konzentrieren müsse, um denÊMenschen wiederÊGott und Glauben mit Tiefe näherzubringen.

Artikel vom 31.10.2006