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Gotteshaus soll Natur
nicht »anknabbern«

WESTFALEN-BLATT-Serie, Folge 12: Jesus-Christus-Kirche

Von Stefanie Westing
Sennestadt (WB). Als am 31. Oktober 1964 das Richtfest an der Jesus-Christus-Kirche gefeiert werden konnte, hatte das Sennestädter Gotteshaus bereits eine interessante Geschichte hinter sich. Mit den Einzelheiten befasst sich der heutige zwölfte Teil der WESTFALEN-BLATT-Serie »Anno dazumal«.

Eigentlich sollte die Jesus-Christus-Kirche ein ganz anderes Aussehen erhalten als das, was nun bereits seit mehr als 40 Jahren die Sennestadt prägt. Denn ursprünglich wurde der später verwirklichte Entwurf des Architekten Professor Dieter Oesterlen in einem Ausschreibungs-Wettbewerb aus formellen Gründen abgelehnt. Am Ende setzte sich dieser Vorschlag aber doch durch. Mit Empore bietet das Gebäude Platz für 650 Besucher. Für die Rhombus-Form entschied sich der Architekt, wie er heute vor 42 Jahren bei der Grundsteinlegung erklärte, »um das Grundstück in seiner einmalig schönen Form nicht unnötig stark ÝanzuknabbernÜ«.
Beschlossen worden war der Bau einer »evangelischen Zentralkirche« bereits im Jahr 1961. Diese sollte am oberen Ende des Bullerbachtales in einem Park und an einem kleinen Teich gebaut werden - im Blickpunkt vieler Sennestädter Bürger.
Ein Wettbewerb darüber, welches Gesicht das Gotteshaus erhalten sollte, wurde ausgeschrieben. Diesen entschied der junge rheinische Architekt Otto Linke für sich. Nach längerer Beratung beschloss die Kirchengemeinde in Abstimmung mit dem landeskirchlichen Amt für Kirchbau, von dem »interessanten, aber konstruktiv nicht zu verwirklichenden Entwurf« Linkes Abstand zu nehmen.
Zum Zug kam schließlich der Vorschlag des Hannoveraners Dieter Oesterlen mit einem trapezförmigen Grundriss und einem Zeltdach, das sich zum Altar und zum Haupteingang hin neigt, den Innenraum also gewissermaßen überwölbt. An den Eckpunkten drücken 500 beziehungsweise 600 Tonnen Last. Die pfeilerlose Dachkonstruktion wird gehalten von Spannseilen, die in Rohren auf 50 Metern Länge unter dem Boden des Kirchenschiffes verlaufen.
Die Besucher so der Plan, sollten das Gebäude durch einen neben der Kirche stehenden Turm betreten können, der aus zwei Stahlbetonscheiben bestehen und eine Glocke mit Holzverkleidung trage.
An Kosten wurden etwa 1,35 Millionen Mark veranschlagt. Ursprünglich sollte die Kirche 900 Plätze fassen und etwa zwei Jahre später fertig sein. Vorgesehen waren auch der Bau eines Pfarrhauses sowie in einem zweiten Bauabschnitt ein Gemeinde- und Küsterhaus. Der Bauantrag wurde gestellt, obwohl die Finanzierung noch keineswegs gesichert war. Die Gemeinde müsse sich beteiligen, hieß es. Außerdem wurde ein Kirchbauverein gegründet.
Im Jahr 1962 war der größte Teil der Finanzierung gesichert. Mittel des Landes, der Landeskirche, der Kreissynode, verschiedene Zuschüsse und eine Beteiligung der Gemeinde sollten den Bau ermöglichen. Obwohl der Grundstein noch nicht gelegt war, erhielt die Kirche am 25. Oktober 1962 bereits ihren Namen: Das Landeskirchenamt stimmte dem Vorschlag zu, die bereits bestehende Kirche in Kracks künftig Kreuzkirche und das neue Gotteshaus im Bullerbachtal Jesus-Christus-Kirche zu nennen. Gemeindepfarrer Berend Groeneveld begründete: »Mit diesem Namen werden Person, Leben und Wirken des Herrn herausgestellt.«
Superintendent Lohmann kam am 10. Juni 1963, um den Grundstein zu legen. Der 40 Meter hohe Turm solle sich würdig einfügen in den Ortsteil und diesem ein neues Gesicht geben, hieß es.
Der 13. Teil der WESTFALEN-BLATT-Serie »Anno dazumal« erscheint am Samstag, 11. November, und befasst sich mit dem Umzug der Firma Gildemeister aus dem Zentrum Bielefelds nach Sennestadt.

Artikel vom 31.10.2006