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Immer mehr Rasenbestattungen

Friedhof im Wandel: Statt anonymer Bestattung Grabplatten mit Namen

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle (WB). Der Friedhof verändert sein Gesicht: In großem, grau-schwarzem Granit schlägt sich in Halle ein neuer Trend nieder. Fast ein Drittel aller Bestattungen sind inzwischen Rasenbegräbnisse, für die seit Januar Grabplatten vorgeschrieben sind.

50 mal 65 Zentimeter groß sind die neuen Platten, auf denen Namen, Geburts- und Sterbedatum derer abzulesen sind, die dort ihre letzte Ruhe gefunden haben. Die Bestattungs- und Friedhofskultur ist im Umbruch. Doch während landesweit schon zehn Prozent aller Bestattungen anonym sind, setzt die Landeskirche Namen gegen das Vergessen: Seit Jahresbeginn sind auch in Halle auf kirchlichen Friedhöfen anonyme Bestattungen nicht mehr möglich, ein Beschluss der Landeskirche. Elf waren es noch 2005, davon zehn Urnenbestattungen. Friedhofsverwalter Hermann Pätzold: »Wer eine anonyme Beerdigung wünscht, muss nach Bielefeld zu einem kommunalen Friedhof gehen«.
Insgesamt gibt es rund 160 bis 170 Bestattungen im Jahr in Halle, sagt Marianne Winkelhage vom Gemeindeamt der Kirchengemeinde. Vergangenes Jahr habe es schon 42 Bestattungen in Rasengräbern gegeben. Ein Trend, für den durchaus Gründe sprechen. »Viele ältere Menschen wollen ihren Angehörigen, die vielleicht weit entfernt wohnen, die Pflege der Grabstätten nicht mehr zumuten«, weiß Marianne Winkelhage.
Eine Beerdigung ist immer auch eine Frage der Kosten. Und ein Rasenlager, das durch den Friedhofsträger gepflegt werden muss, ist nicht unbedingt die preisgünstigste Variante. Wer für die nächsten 30 Jahre ein Rasen-Familiengrab erwirbt, das Platz bietet für zwei zwei Särge und vier Urnen, also insgesamt für sechs Personen, muss einschließlich der Kosten für die Beerdigung mit einer Trauerfeier in der der Friedhofskapelkle und Sargträger 5263 Euro aufbringen. In dieser Summe sind die Bestatterpreise und der Sarg nicht einmal enthalten. Die Summe ist gerichtsfest: Ein Sachverständiger hat die Friedhofsgebühren, die erst seit Jahresbeginn gelten, auf Cent und Euro ausgerechnet.
Ein Reihengrab unterm Rasen ist wesentlich günstiger, vor allem bei Urnenbeisetzungen, wie sie 2005 schon 38 Male in Halle gewünscht waren. Die Beisetzung für eine Urne (Ruhezeit 25 Jahre) schlägt mit 835 Euro zu Buche. Dazu kommen ebenfalls die Summen für Grabplatte, Beerdigung und Bestatter. Die Unterhaltungsgebühr pro Lager hat die Kirchengemeinde Halle 2006 gesenkt: Service wie Wasser und Parkbank kosten die Nutzer nur vier Euro pro Jahr.
Derzeit wird die Grabmal- und Bepflanzungsordnung für die Friedhöfe der Evangelischen Kirchengemeinde überarbeitet. Eine erfreuliche Nachricht für viele: Demnächst sollen auch Findlinge als Grabsteine erlaubt sein. Marianne Winkelhage: »Das war bislang eigentlich nicht erlaubt«.

Artikel vom 27.10.2006