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Vor 30 Jahren Umzug ins neue Rathaus

Unzumutbare Verhältnisse in alter Amtsverwaltung an der Kirchstraße hatten endlich ein Ende

Von Achim Köpp
Borgholzhausen (WB). »Verwaltung steht Gewehr bei Fuß« titelte das WESTFALEN-BLATT am 9. Oktober 1976 und wies mit einem umfangreichen Bericht auf den bevorstehenden Umzug der Bediensteten mit Stadtdirektor Alois Hasekamp an der Spitze in das neue Rathaus an der Schulstraße hin. Zwei Monate später, am 11. Dezember, wurde das Gebäude feierlich in Anwesenheit von hochrangigen Gästen eingeweiht.

Damit war auch das Kapitel »Amtsverwaltung Kirchstraße 1« beendet, in der zuletzt mehr schlecht als recht 22 Menschen zum Wohl der Piumer Bürger ihren Dienst verrichteten, sich in engen, alten Büros behalfen, die Ausschüsse in Räumen tagen mussten, die schlechterdings als unzumutbar bezeichnet wurden - und das noch 48 Stunden in der Woche. Stets hatten sie sich bemüht, das Beste aus dem Vorhandenen zu machen, doch nun - nach 59 Jahren - begann mit dem Einzug in den modernen Bau ein moderner Abschnitt.
Einer, der sich noch genau an diese Zeit erinnert, ist der heute 77-jährige Wilfried Torweihe, ein Piumer Rathaus-Urgewächs, geradezu prädestiniert für ein Gespräch über vergangene Zeiten. 1943 hatte er 14-jährig als Verwaltungslehrling im alten Amtsgebäude seine berufliche Laufbahn begonnen und kletterte die Karriereleiter vom Angestellten über die Übernahme 1960 in das Beamtenverhältnis weiter bis 1976, dem Umzugszeitpunkt, als er Allgemeiner Vertreter von Stadtdirektor Alois Hasekamp und Kämmerer sowie Dienststellenleiter für Hoch- und Tiefbau war.
Als Oberamtsrat wurde er 1979 dann als Nachfolger von Hasekamp durch einstimmigen Ratsbeschluss auf den Stuhl des Stadtdirektors berufen, den er erst nach zwölfjähriger Amtszeit mit dem Eintritt in den Ruhestand 1991 verließ. Von Hasekamp wusste Wilfried Torweihe, dass sich dieser bereits 1966 Gedanken über die Nutzung des alten, leerstehenden und 1894 erbauten Schulgebäudes als Rathaus gemacht hatte. Dieser Plan wurde dann später allerdings wegen der festgestellten Baufälligkeit verworfen, so dass es zum Abriss und Neubau an gleicher Stelle kam.
Trotz der unbefriedigenden Zustände im Haus an der Kirchstraße sei man jedoch nicht unzufrieden mit dem Arbeitsplatz gewesen, erinnert sich der Pensionär heute. »Das 1914 von Amtmann Müller für 21 000 Goldmark erworbene Dunkersche Gebäude, vormals Kolonialwaren und Gastwirtschaft«, weiß Torweihe, »hatte 80 Zentimeter dicke Wände, so dass es drinnen im Sommer kühl und im Winter warm war, eine Koksheizung sorgte für die notwendige Wärme, und die Fußböden waren noch geölt!« Man habe sich wohl gefühlt, war noch viel anspruchsloser und im Übrigen zur Sparsamkeit erzogen, ergänzt der ehemalige Stadtdirektor.
Das alles passte zu der Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges: »Das Amt«, erinnert sich Torweihe, »wurde von den Bürgern stark frequentiert, so dass die Bediensteten kaum in der normalen Arbeitszeit das Pensum erledigen konnten. Die Ausgabe von Lebensmittelkarten, Bezugsscheinen für Kleidung oder Kohle, auch der Raucherkarten, nahm viel Zeit in Anspruch, zumal die Räume klein und eng und das Mobiliar nicht mehr zeitgemäß war. Wir haben wirklich bescheiden gelebt!«
So sei der Wunsch nach einem neuen Rathaus letztlich berechtigt gewesen, sagt der Ex-Stadtdirektor heute. Doch von den vorbereitenden Aufräumarbeiten sei er nicht betroffen gewesen, weil er sich damals um die Einrichtung des Neubaus kümmern und den Bedarf an Schreibtischen, Stühlen und Schränken ermitteln musste. Jede Abteilung habe für sich aus- und umgeräumt, und am Ende - nach dem erfolgten Umzug - seien alle froh und erleichtert gewesen.

Artikel vom 27.10.2006