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Hacker schaut
ins Innenleben

Marc Ottiker zeigt »Halbe Miete«

WDR, 23.15 Uhr: Was passieren kann, wenn man ein böses Erlebnis hatte, das schildert der Film »Halbe Miete«. Stephan Kampwirth spielt die Hauptfigur.

Peter ist Computer-Hacker und verdient sein Geld mit dem Verkauf gestohlener Daten. Mitten in Berlin ist er so tief in seine virtuelle Welt abgetaucht, dass er seine reale Umgebung kaum noch wahrnimmt. Da findet er seine tablettensüchtige Freundin Julie (Natascha Bub) tot in der Badewanne. Sie hat eine Überdosis genommen. Mit dieser Situation sieht er sich überfordert, ruft noch den Notarzt und verschwindet mit Laptop und Skateboard in Richtung Bahnhof. Dort setzt er sich in einen Zug nach Köln. »Halbe Miete« hat der Schweizer Regisseurs Marc Ottiker seinen Film genannt, der heute in der Reihe »Avanti Debütanti« als Erstausstrahlung gezeigt wird.
In Köln sucht sich Peter keine feste Bleibe, sondern verschafft sich Zutritt zu fremden Wohnungen wie bisher schon im Internet zu fremden Daten und Betriebsgeheimnissen. Er sieht, wo die Wohnungsinhaber ihre Schlüssel verstecken, und nutzt illegal ihre Einrichtungen. So hat er genug Betten und Duschen zur Verfügung, ohne sich irgendwo einmieten zu müssen.
Immer mehr dringt Peter so in das Leben eines Arbeiters und eines Schriftstellers ein. Nach und nach tritt er dabei aus seinem Schattendasein heraus. So entstehen im Leben des kontaktarmen Einzelgängers ganz langsam menschliche Beziehungen - auch zu Paula (Doris Schretzmayer). Mit Paulas Auto war er mit seinem Skateboard kollidiert.
»Halbe Miete« entstand im Rahmen des Projekts »radikal digital« und wurde von Wim Wenders produziert. Er gehört zu den digital gedrehten Filmen, die im Jahr 2002 bei den Hofer Filmtagen gezeigt wurden. Dort erhielt Produktionsdesignerin Birgit Esser die Festival-Auszeichnung in dieser Kategorie. Die digitalen Produktionstechniken werden von vielen Nachwuchsregisseuren bevorzugt, weil sie damit mehr ausprobieren können. Für »Halbe Miete« etwa wurden 50 Stunden Material gedreht.
Regisseur Marc Ottiker, Jahrgang 1967, absolvierte in seiner Heimatstadt Zürich eine Schauspielausbildung, bevor er ein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin begann. Nach Kurzfilmen drehte er das ZDF-Fernsehspiel »Nah am Wasser« (1994) und den Film »Saturnphase« (1998).

Artikel vom 26.10.2006