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Alte Tischlerei
sucht Käufer

Sachverständiger empfiehlt Abriss

Von Friederike Niemeyer
Steinhagen-Amshausen (WB). Es ist eine Immobilie in exponierter Lage, das Mehrfamilienhaus Falkenstraße, Ecke B 68. Aber ein Aushängeschild ist es schon lange nicht mehr. »Ärgernis« und »Bruchbude« sind die häufigsten Wörter, die Amshausener dazu in den Mund nehmen. Jetzt wird die alte Tischlerei zwangsversteigert. Bislang will sie niemand haben.

Mit immerhin 150 000 Euro gibt der Fachgutachter den Verkehrswert an, der wohl allein in dem 1500 Quadratmeter großen Grundstück liegt. Denn das Haus mit 917 Quadratmetern Nutzfläche ist in desolatem Zustand, die zwölf Wohnungen genauso wie die alte Werkstatt. Unfachmännische Fliesenarbeiten, Schimmel, nicht fachgerecht eingesetzte Fenster, nur begonnene Wärmedämmung, undichte Flachdächer oder morsche Balkone machen das Urteil des Gutachters eindeutig: »Abriss am wirtschaftlichsten«.
1925 gebaut, war im Haus Falkenstraße 1-3 zunächst die Möbelfabrik Ramhorst beheimatet, Erweiterungen folgten 1929, 1947 und 1960. Doch dann ging Ramhorst in Konkurs, und ein Tischler aus Bielefeld kaufte das Anwesen, eröffnete dort 1973 seinen Betrieb. Die Tischlerei florierte, wuchs rasch von zehn auf 20 Mitarbeiter an. Küchen, Fenster und der komplette Innenausbau -Êes gab reichlich Kundschaft. »Auch ein Auftrag bei Mercedes Benz in Böblingen war dabei«, erinnert sich ein ehemaliger Mitarbeiter.
Der Inhaber wollte dann gewinnträchtig vermieten, machte aus dem ursprünglichen Einfamilienhaus an der Werkstatt ein Vier-Parteienhaus. Doch dann wurde die geschäftliche Lage schwierig, private Schulden kamen hinzu. Der Tischler wollte noch mehr vermieten und parzellierte weiter mit Leichtbauwänden, während notwendige Sanierungsmaßnahmen ausblieben. Das Haus kam zusehends herunter, und die Tischlerei musste schließen.
1998 wurde die Falkenstraße 1-3 zwangsversteigert, ein heute 42-jähriger Bielefelder kaufte das Anwesen. Der habe anfangs berichtet, in das Haus investieren zu wollen, erinnert man sich in der Nachbarschaft. Doch daraus wurde nicht viel. Baumaßnahmen wurden begonnen, aber nicht konsequent durchgeführt. Es gab Beschwerden bei der Gemeinde, vor allem wegen des Mülls, den die verbliebenen Mieter vor das Haus stellen. Noch fünf der zwölf Wohnungen sollen vermietet sein.
Der Grundbucheintrag für das Mehrfamilienhaus macht es deutlich: Heute lasten viele Schulden auf dem Gebäude, allein 750 000 Euro Grundschuld sind für die Commerzbank eingetragen. Die brachte 2005 das neue Zwangsversteigerungsverfahren ins Rollen. Ein erster Termin am 23. Juni verlief ergebnislos. Das Amtsgericht Halle bittet interessierte Bieter am Freitag, 10. November, um 11.30 Uhr (Saal 121) nun erneut zur Versteigerung.

Artikel vom 25.10.2006