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Grusel-Geschichte hoch oben im Turm

Entertainment statt Ermüdung: Stadtführer Felix Brüggemann klärt mit jungem Elan auf

Von Marco Purkhart
Versmold (WB). Mit 21 Jahren gehört er unter den ein Dutzend Stadtführern zu den Nesthäkchen. »Und das bekommen meine Gruppen auch zu spüren«, lacht Felix Brüggemann. Der junge Versmolder unterscheidet sich von seinen älteren Kollegen als Erzähler jedoch nicht durch mangelnden Erfahrungsschatz, sondern glänzt durch erfrischenden Elan und Entertainment.

Brüggemann wurde mit der Tour durch den historischen Stadtkern einer der informativsten Rundgänge zugewiesen. »Wer sich wirklich für Versmold interessiert und sich lokalgeschichtlich weiterbilden möchte, der kommt um meinen Part gar nicht herum«, weiß der 21-Jährige, dass er über einen der zentralsten Versmolder Standorte aufklärt.
Um so größer sei die Gefahr, sich in zu detaillierten Ausführungen zu verzetteln. Das kenne der BWL-Student, der sein Abitur mit einem Geschichte-Leistungskurs absolvierte, noch zu gut aus der Schule: »Es kann schnell ermüdend werden. Geschichte kann aber auch aufregend und aufklärend zugleich sein.« Diesen Anspruch hat Felix Brüggemann sich zum Leitspruch gemacht: »Die Leute sollen bei mir Spaß haben. Ich will sie unterhalten.«
Quasi als Pflichtbesuch gilt daher ein Abstecher in die Petri-Kirche, wo Brüggemann eine Genehmigung zum Aufstieg in den Glockenturm erwirkt hat. Und dort oben komme in der Kühle der 900 Jahre alten Gemäuer automatisch eine schaurige Atmosphäre mit Gänsehauteffekt auf. »Dann lege ich den Finger noch einmal richtig in die Wunde und erzähle die Geschichte vom ÝMann ohne KopfÜ. Die kommt immer prima an«, will Brüggemann seine Touristen mit der Grusel-Story richtig in den Bann ziehen.
Die Legende erzählt vom trinkfreudigen Küster Anton Urft, der im Jahre 1638 bei einem Stadtbrand verpasste, die Glocken zu läuten. Als wütende Versmolder Bürger daraufhin in den Glockenturm eilten, entdeckten sie den Grund für den ausgebliebenen Feueralarm: Urft lag sturzbetrunken in der Ecke. Daraufhin wurde der Sünder vor lauter Zorn die Treppe herunter gestoßen - und als er unten ankam, fehlte sein Kopf. Noch 200 Jahre später soll man nachts seinen Geist im Kirchturm spuken gesehen haben. »Es klingt grausam«, weiß Brüggemann. »Aber die Leute verlangen im Grunde nach solchen Highlights. Schließlich sind solche schockierenden Ereignisse in unserer Zeit unvorstellbar - zum Glück.«
Beim Rest der Kirchenbesichtigung geht es indes wesentlich behaglicher zu. Der Besuch in der Petri-Kirche macht übrigens lediglich ein Viertel des gesamten Tourangebots aus. »Man kann bei mir insgesamt vier verschiedene Pakete ordern, in die ich die City unterteilt habe«, erklärt Felix Brüggemann.
Paket zwei umfasst den Stadtkern rund um die Kirche, beispielsweise mit dem Bürgermeisterhaus der Familie Delius und dem Schweinebrunnen. Paket drei beinhaltet alles Wissenswerte um den Rathaus-Vorplatz und viele persönliche Versmolder Deportations-Schicksale - beispielsweise der bekannten Familie Spiegel -, die namentlich auf dem Erinnerungszeichen festgehalten sind. Im vierten Paket klärt Brüggemann über bedeutende Gebäude entlang der Ravensberger Straße mit der ältesten Apotheke und der früheren Post bis zum Dobczyce-Platz auf, wo vor 900 Jahren einst das Versmolder Gericht gewaltet haben soll.
Felix Brüggemann rät Interessenten dazu, sich für zwei Pakete zu entscheiden. »Die arbeiten wir in anderthalb Stunden ab. Das ist eine optimale Dauer.« Die nächste Führung ist Ende November geplant. Anmeldungen dafür unter % 01 73 / 2 50 83 00.

Artikel vom 25.10.2006