24.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Blick für die Schönheit der
ostwestfälischen Landschaft

Kunstausstellung von Carla Fusi im Rathaus eröffnet

Borgholzhausen (Felix). Ihre Themen sind die Natur, die Menschen, aber zuweilen auch Tiere und Räume. Ihre Technik ist die Radierung, »weil man damit mehr Ausdrucksmöglichkeiten hat und der Prozess des Schaffens konzentrierter ist«. Seit Sonntag stellt die gebürtige Italienerin und Wahl-Ostwestfälin Carla Fusi 28 ihrer Werke im Foyer des Piumer Rathauses aus.

Es geht Carla Fusi in ihrem Schaffensprozess stets darum, die empfundenen Gefühle auf die Zink - oder Kupferplatten umzusetzen, mit denen sie arbeitet. Bis zu 40 Stunden vergehen von den ersten Skizzen bis hin zur fertigen Radierung. »Schließlich sind in der Regel vier bis fünf Veränderungen notwendig, bevor eine Platte einen zufrieden stellenden Druck ergibt«, erklärte Journalistin Regine Kleist. Sie führte, wie schon bei einer früheren Ausstellung im Bielefelder »Dürkopp Tor 3«, in die Arbeit von Carla Fusi ein.
Nicht immer beginnt der Schaffensprozess der in Florenz lebenden und arbeitenden Künstlerin dabei mit dem Skizzenbuch. »In den letzten drei bis vier Jahren ist Carla Fusi dazu übergegangen, ihre Eindrücke gleich vor Ort in die Platte zu ritzen, um ihre ersten Eindrücke und die Emotion der Situation möglichst hautnah mit in die Arbeit einfließen zu lassen«, so Regine Kleist weiter.
1961 in der kulturell seit jeher hoch stehenden Stadt geboren, unterrichtet Carla Fusi heute an der »Akademie der schönen Künste« in Florenz »Künstlerische Anatomie«. Nicht überraschend also, dass sie sich auch mit Aktzeichnungen beschäftigt. Für die Borgholzhausener Ausstellung indes hat sie überwiegend ostwestfälische Naturlandschaften ausgewählt, auf die sie bei Spaziergängen mit ihrem Lebensgefährten Siegfried Bressler gestoßen ist. Und hat sich dabei in Aussichten verliebt, die auch einen anderen, einheimischen Künstler, bereits fasziniert haben. Denn die Aussicht von einer Bank an der »Schwedenschanze« auf dem Kamm des Teuto, zwischen Werther und Bielefeld gelegen, hat auch Peter August Böckstiegel bereits zu einem seiner Holzschnitte inspiriert.
»Der trübe und sonnige Tag, die sprühende Luft, das schimmernde Licht ballt die Gegenstände geschlossen zueinander«, soll Peter August Böckstiegel dazu geäußert haben. »In diesem Worten findet seine italienische Künstlerkollegin von heute beschrieben, was sie in unserer Landschaft fühlt. Das ist auch ihre Sichtweise, ihr Blickwinkel«, erklärte Regine Kleist. »Mit geschultem Auge erfasst sie Lebensräume, nimmt sie in sich auf und setzt sie um«. »Es ist das Licht, aus dem diese Bilder entstehen«, sagte Carla Fusi selbst. »Das Licht soll den Blick leiten und Geschichten erzählen, die Materie formen und zum Vibrieren bringen - und manchmal auch zerstören«.
Dieser Blick führt an den »Lichthorizont« ebenso wie in den »Abgrund«, lässt einen »Bachlauf« wie einen Urwald erscheinen oder irritiert, wenn ein einheimischer Baum auch einem Fantasy-Film hätte entsprungen sein können. Immer filigran. Immer genau. Immer sehenswert.

Artikel vom 24.10.2006