21.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Angeklagter muss
ins Gefängnis

Drei Jahre wegen Vergewaltigung

Werther/Bielefeld (xe). »Ich habe nichts getan«, verteidigte sich der 41-jährige Wertheraner am Freitag vor dem Landgericht Bielefeld. Als der Richter der IX. Strafkammer das Urteil verkündet hatte, brach der Angeklagte in Tränen aus. Für drei Jahre muss der Mann hinter Gittern, weil er am 6. Juni 2004 er eine Frau in deren Wohnung vergewaltigt haben soll.

»Wir halten die erste Aussage des Opfers direkt nach der Tat für glaubwürdig«, begründete der Richter die Entscheidung. Die 41-jährige Bielefelderin habe sich in den vergangenen Verhandlungen zwar mehrfach in Widersprüche verwickelt, trotzdem könne man ihr glauben. Besonders die Aussage eines psychologischen Sachverständigers unter Ausschluss der Öffentlichkeit habe die Kammer überzeugt.
Wie berichtet leidet die Bielefelderin an einer Persönlichkeitsstörung. Laut des Gutachters stimmen die Handlungen mit dem typischen Krankheitsbild überein. Diese Menschen würden sich ergänzend zur Realität etwas ausdenken, um den Sachverhalt bewusst zu manipulieren. Die alkoholkranke Frau habe demnach eine kindliche Strategie angewandt, gab der Richter die Worte des Sachverständigen wieder.
Das im September in Auftrag gegebene T-Shirt-Gutachten, das auf Spermaflecken untersucht werden sollte, fiel positiv aus. Trotzdem beteuerte der Wertheraner weiterhin seine Unschuld. Die DNA-Analyse hingegen hatte ergeben, dass die Spermaflecken tatsächlich von ihm stammten.
Nach einer kurzen Beratung mit seinen Anwälten entschied sich der 41-Jährige zu einer konkreten Schilderung des Tathergangs. »Ich habe die Frau weder mit einem Messer bedroht, noch zu irgendwelchen sexuellen Handlungen gezwungen«, lautete seine Aussage. Das Ganze sei auf freiwilliger Basis passiert, betonte der Wertheraner. Nach dem Treffen mit der 41-Jährigen, die er über eine Kontaktanzeige kennen gelernt hatte, sei er nach Hause gefahren. Kurz danach habe die Bielefelderin ihn mehrfach angerufen und mit einer Anzeige gedroht, wenn er nicht zu ihr zurückkäme.
Nicht nur für den Angeklagten kam das Urteil überraschend, sondern auch für den Staatsanwalt und die beiden Verteidiger. Kurz zuvor hatten beide Parteien auf Freispruch plädiert. Dem Staatsanwalt fiel es am Freitag sichtlich schwerer, ein Plädoyer zu halten. Bereits beim vergangenen Mal hatte er Freispruch gefordert. »Diesmal bin ich mir nur zu 80 Prozent sicher, dass der Angeklagte unschuldig ist«, sagte er vor Gericht. Dazu beigetragen hatten das T-Shirt-Gutachten und die späte Einlassung des Wertheraners. Im Vergleich zu den zweifelhaften Aussagen der Zeugin habe der Angeklagte glaubwürdiger geklungen. »Die 41-Jährige hat jedes Mal eine andere Version von der Art und Dauer der sexuellen Handlungen vorgestellt«, so der Staatsanwalt.
Eine Strafmilderung hat die IX. Strafkammer bei der Verhandlung am Freitag nicht ersehen können. »Wenn der Angeklagte die Tat gestanden hätte, dann hätten wir darüber nachdenken können«, erklärte der Richter. Außerdem sei ihm Gewalt gegen Frauen nicht neu. Vor zwölf Jahren hatte das Amtsgericht Bielefeld den 41-Jährigen wegen körperlicher Misshandlung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.

Artikel vom 21.10.2006