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»Kicken« bald auf dem Stundenplan

Fußball soll an allen 19 Grundschulen im Altkreis Halle fester Bestandteil werden

Von Marcel Bohnensteffen
Altkreis Halle/Frankfurt/Düsseldorf (WB). Montagmorgen: 1. Stunde Mathe. 2. Stunde: Deutsch und dann - Fußball. Auch für die etwa 4000 Schüler der 19 Grundschulen im Altkreis Halle könnte in Zukunft ein neues Lieblingsfach auf dem Stundenplan stehen. In einer Kooperation mit den Landes-Schulministerien will der Deutsche Fußball Bund den Fußball deutschlandweit gezielter in den Unterricht der Grundschulen integrieren und die Kleinsten für die Sportart begeistern.

»Wir haben das kurz- und mittelfristige Ziel, an Grundschulen quantitativ und qualitativ besseren Fußball anzubieten«, erklärt Wolfgang Staab, Fachbeauftragter der Abteilung »Schul-Fußball« beim DFB. Präsident Dr. Theo Zwanziger höchstpersönlich habe dieses Thema zur »Chefsache« erklärt und trete als Schirmherr der bundesweiten Kooperation auf. »Wir haben in ganz Deutschland etwa 17 000 Grundschulen. Bis Weihnachten werden alle von uns mit dem notwendigen Know-How wie Bällen und Trainingsleibchen ausgestattet«, erhofft sich Wolfgang Staab eine Initialzündung. Dabei gibt er sich aber keinerlei Illusionen hin: »Wir greifen nicht nach den Sternen und sagen, dass Fußball ein neues Schulfach werden muss. Vielmehr wollen wir möglichst früh Kinder für Sport und Bewegung begeistern. Ein >Kicken< auf dem Pausenhof ist da schon ein Anfang.«
Begeistert von der Idee, den Fußball als festen Bestandteil in den Schulunterricht zu integrieren, ist auch Erika Puhlmann, Schulleiterin an der Grundschule Gartnisch in Halle: »Diese Maßnahme ist ein Segen und ganz wichtig für das soziale Miteinander. So lernen die Kinder, sich an Regeln zu halten und Niederlagen zu verkraften.« Nur das Fußballspielen auf dem Pausenhof hat die Direktorin verboten: »Das schürt nur Aggressionen und ist dem Sozialgefüge nicht dienlich.« Der einzige Haken für sie an der Sache ist, dass ihre Schule bisher nur aus den Medien von dem Vorhaben des Schulministeriums weiß und nicht von offizieller Seite informiert wurde: »Wir erfahren immer als Letzte von solchen Dingen«, beschwert sich Erika Puhlmann.
Diese Beschwerde erachtet Herbert Spies vom NRW-Schulministerium in Düsseldorf nicht als besonders schlimm: »Bei mehr als 3000 Schulen in NRW wäre der organisatorische Aufwand, alle Schulen einzeln zu benachrichtigen, riesengroß. Außerdem ist die Medienpräsenz ja vorhanden. Wenn die Schulen aus der Zeitung von der Kooperation erfahren, ist das nicht weiter tragisch«, verteidigt er die Informationspolitik des Ministeriums. Auch Wolfgang Staab garantiert, dass von Seiten des DFB noch eine ausführliche Informationsleistung folgen wird: »Von der ersten Novemberwoche an werden wir in jedem Landesverband eine Auftaktveranstaltung durchführen, bei der wir das Projekt ausführlich vorstellen werden.« Eine Medieninformation sei zwar immer etwas problematisch, dafür profitierten die Schulen aber auch von diesem Projekt. »Außerdem liegt es Dr. Zwanziger am Herzen, dass die Schulen nicht einfach mit Postpaket beliefert werden, sondern dass ein Vertreter aus dem jeweiligen Fußballkreis in die Schulen geht, die Schulleitungen umfangreich informiert, unsere Hilfe signalisiert und eine enge Zusammenarbeit anbietet.« Optimistisch, eine grundlegende Verbesserung zur Jugendförderung auf den Weg gebracht zu haben, ist der DFB:
»Wer weiß, vielleicht spricht man irgendwann nicht mehr von Straßen- sondern von Schulfußballern«, erhofft sich Wolfgang Staab einige hoffnungsvolle Talente auf den Spuren von »Poldi« und »Schweini«.

Artikel vom 21.10.2006