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Von Michael Delker

Gütersloher
Wochenschauer

Ohne Not in Rente geschickt


Was es bedeutet, vorzeitig in den Ruhestand geschickt zu werden, musste am Donnerstag Stadtkämmerer Dr. Klaus Wigginghaus erfahren. Trotz seiner unbestrittenen Fähigkeiten und einiger Baustellen in der Stadtverwaltung muss der 62-Jährige im kommenden August seinen Schreibtisch räumen. CDU und Grüne sagten »Nein« zur Verlängerung seines Beigeordneten-Vertrages um zwei Jahre und verzichten damit freiwillig auf einen erfahrenen Finanzfachmann.
Es ist eine Entscheidung, die ohne Not getroffen wurde. Die Einsparungen sind minimal, weil Wigginghaus als Pensionsanspruch weiterhin 70 Prozent seiner Bezüge kassiert. Obendrauf kommt das Geld für die neue Stabsstelle für »kaufmännisches Denken und wirtschaftliche Kompetenz«, die CDU und Grüne einrichten wollen. Beiden Parteien ist es nicht gelungen, den Eindruck zu verwischen, dass es ihnen bei der Entscheidung nur um machtpolitische Interessen ging. Seit der Pensionierung von Dr. Gerd Wixforth ist Wigginghaus der starke Mann hinter Bürgermeisterin Maria Unger: Besonders in der Anfangszeit ihrer hauptamtlichen Tätigkeit war die ehemalige Bundesbahnangestellte auf die Erfahrung des Verwaltungsfachmanns angewiesen. Als Bertelsmann Millionen an Steuergeldern zurückforderte, manövrierte Wigginghaus die Stadt durch schwere See. Trotz seiner ursprünglichen Ambitionen, selbst Bürgermeister zu werden, übernahm Wigginghaus die Kärrnerarbeit und erwies sich obendrein als gewiefter Strippenzieher. Dieser Pfeiler bricht für Maria Unger nun weg. Und die Grünen vergaßen nicht, ihr den Ball sofort zuzuspielen. Es liege im Verantwortungsbereich der Bürgermeisterin, so Hans-Peter Rosenthal, Vorschläge zur Neuorganisation der Geschäftsbereiche zu unterbreiten. Maria Unger, so könnte das Kalkül lauten, steht jetzt in der Pflicht. Sie muss zeigen, ob sie auch ohne Wigginghaus im Hintergrund schwierige Projekte wie die Einführung des »Neuen Kommunalen Finanzmanagements« oder die Umwandlung des Städtischen Klinikums in eine GmbH bewältigen kann. CDU und Grüne, darüber müssen sich beide im Klaren sein, sitzen mit im Boot, wenn bei der Umsetzung dieser Projekte etwas schief laufen sollte. Sie haben Wigginghaus ohne Not in Rente geschickt. In zwei Jahren hätte die Verkleinerung der Verwaltungsspitze im Konsens mit den anderen Fraktionen getroffen werden können. Diese Chance wurde vergeben.

Artikel vom 21.10.2006