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Mit Blaulicht und Martinshorn im Stau

B 68: Statt nervenzerrender Warterei fahren Rettungswagen derzeit lieber Umwege

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle (WB). Dauerstau auf der B 68 in Halle - und der Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn mitten drin. Zwei Lastzüge machen die Lange Straße eine Rotphase lang am Amtsgericht total dicht. Kurz hinter diesem Nadelöhr müssen Autofahrer auf den Bürgersteig ausweichen, damit der Rettungswagen sich hindurch quälen kann.

»Wir versuchen, uns da hindurchzuschlängeln und Parallelwege zu nehmen«, kennt auch Hans-Dieter Malsbender, Fachbereichsleiter beim Kreis Gütersloh keinen Ausweg aus dieser prekären Lage. »Unsere Fahrer sind sehr geschickt. Aber im Augenblick müssen wir mit der Situation leben«.
Die Situation - das ist sozusagen ständig ein Verkehrschaos wie sonst am Freitagnachmittag in Halle. Stunden, in denen jeder Ortskundige die Lange Straße nach Möglichkeit meidet. Denn drei Baustellen sorgen für zusätzliche Belastung auf der B 68 in der Haller Innenstadt: Die an Kättken- und Bahnhofstraße natürlich, aber auch die Sperrungen in Kölkebeck und auf der Versmolder Straße zwingen mehr Menschen als üblich auf die Ortsdurchfahrt.
»Wegen der Baustellen wird keiner länger auf den Rettungswagen warten müssen«, verspricht Fachbereichsleiter Malsbender. Ralf Diederichs, stellvertretender Leiter der Rettungswache Halle, drückt es drastischer aus: »Es bleibt sicher keiner auf der Straße liegen - auch wenn es jetzt mit den Baustellen ein bisschen extremer ist. Wir suchen uns die besten Wege und die ein oder andere Lücke. Aber seitdem die Autobahn nicht weitergebaut wird, haben wir durch den Stau auf der 68 mehr Aufwand.«
In 95 Prozent aller Fälle sollen von der Alarmierung bis zum Eintreffen des Rettungswagens nicht mehr als zwölf Minuten vergehen. Das gelingt aber nicht überall nur dadurch, dass die Fahrer Sonder- und Wegerechte in Anspruch nehmen und mit Blaulicht und Martinshorn über die Straße preschen. Zu einem Hilfseinsatz in Steinhagen fährt der Rettungswagen zu Stoßzeiten auch schon mal über Brockhagen.
Da kann man es »laufen lassen, Rohr machen«, wenn es um Menschenleben geht. Zu bestimmten Zeiten sei der Umweg über Umgehung, Patthorster oder Brockhagener Straße eben die günstigere Lösung, weiß Diederichs, der dasselbe Problem auch auf der kurvigen Strecke Richtung Borgholzhausen kennt. »Wenn uns der vorausfahrende Lkw-Fahrer trotz Martinshorn nicht hört, müssen wir eben dahinter bleiben. Es nutzt keinem, wenn wir verunglücken«.
Einen Ausweg aus dem Dilemma kennt derzeit auch die Polizei nicht. Bei Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann haben die Beamten schon auf die missliche Situation hingewiesen. Denn eigentlich sollte die Straßensperrung in der Stadt schon in den Herbstferien erledigt sein - wenn weniger Berufsverkehr unterwegs ist. Lothar Eggert, Leiter der Polizeiwache Halle: »Zurzeit ist man in Halle zu Fuß schneller über die B 68 als mit dem Auto«.

Artikel vom 18.10.2006