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Ein Krimi aus Mielograd

»Tango, Trug und Teufel« - Horst Hensel schreibt Gütersloh-Roman

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). »Von ferne Neonreklame. Rot und blau. Die Tankstelle. Das Ortseingangsschild. Bertelsmannien, Mielograd, Gütsel - wie kann man ausgerechnet Õner Stadt nen Kosenamen geben, und dann noch so einen!ÉTante GustelÉ« So lautet ein Auszug aus dem neuen Gütersloh-Krimi von Horst Hensel.

In diesem Ton geht es weiter. Das muss es auch. Denn »Tango, Trug und Teufel« (Assoverlag Oberhausen, 285 Seiten, ISBN: 10 3-938834-16-1) handelt vom Mord an einem Insassen aus der Haftanstalt »Brackwater« bei Bielefeld. Der drogensüchtige Ronald »Ronny« Kerkrade überlebt seinen Freigang nicht, wird von Kugeln durchsiebt in einem Straßengraben vor dem Gefängnis gefunden. Ein Thema, das eine nüchterne, kompromisslose Sprache erfordert. Eine Sprache, die Gesamtschullehrer Horst Hensel beherrscht.
Also gut. Da ist erst einmal die traurige Geschichte vom hübschen Ronny. Die Spur führt hinauf bis in die hohe Politik, gibt Hensel die Möglichkeit, mit den Illusionen rot-grüner Schulministerinnen aufzuräumen. Dezernentinnen aus der Bezirksregierung Detmold, die ihren »Marsch durch die Institutionen« mit dem Konzept einer neuen Lernkultur samt Mädchenförderung krönen wollen, am Ende aber an ihrer eigenen Vergangenheit scheitern.
Da ist der Tango, den Kommissarin Conny Schulze-Hartwigk und Gefängnislehrer Ulrich »Keller« Kellermann immer wieder üben, ohne am Ende zueinander zu finden. Der dem gesamten Buch darüber hinaus den Rhythmus verleiht.
Und da ist Gütersloh, diese Stadt an der A 2, mit ihrer feinen Gesellschaft an der Parkstraße, mit der sozialen Wirklichkeit im »Landeskrankenhaus« und mit dem Dreiecksplatz, der immer wieder erwähnt wird. Hier rennen englische Soldaten Mülltonnen um, führen Rentner ihre Hunde aus, verschwindet jeden Tag eine weitere Linde. Horst Hensel schreibt aus eigener Erfahrung. Er wohnt seit einigen Jahren gemeinsam mit seiner Frau Gabriele am Dreiecksplatz.
Gütersloh begegnet einem auch in den Namen der verschiedenen Romanfiguren. Die penetrante Lokaljournalistin heißt Lüttkenjohann, der Kriminalbeamte Meesterkämper, der Verdächtige Thiesbrummel, die Lehrerin Stuckenbröcker, der Spaziergänger Wetterkötter. Und der Mörder heißtÉAch nein. Selber lesen. Oder treffen. Er oder sie speist mitunter in dem edlen Restaurant »Toskanini am Turm«.

Artikel vom 18.10.2006