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23 000 Euro für Beinbruch

Gericht lehnt weitergehende Forderung einer Frau ab

Von Uwe Koch
Rietberg (WB). Mehr als 100 000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld für einen Oberschenkelbruch? »Nein!«, sagte das Landgericht Bielefeld und wies die Zivilklage einer Türkin ab.

Zu dem Unfall kam es am 4. Juli 2002 in einem türkischen Lebensmittelgeschäft in Rietberg (Kreis Gütersloh). Dort wollte die Gütersloherin Gemile A. (59, Namen geändert) mit zwei erwachsenen Kindern einkaufen. Auf einer Rampe des Ladens kam es zu dem Zwischenfall: Gemile A. stolperte, stürzte und brach sich das linke Bein. Probleme traten vor allem nach der Operation auf, denn die Blessuren der Türkin waren nicht beschwerdefrei ausgeheilt. In der Folgezeit habe sie »erhebliche Schmerzen« gehabt und ihren Haushalt nicht wie vor dem Unfall führen können, gab die Frau an.
Ohne den Rietberger Lebensmittelhändler Mustafa E. zu informieren, zahlte die Betriebshaftpflicht des Ladens schon außergerichtlich 23 000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz, doch Gemile A. wollte mehr. Sie verklagte den Geschäftsmann aus Rietberg, verlangte weitere 13 825 Euro. Im übrigen sollte das Landgericht Bielefeld den »immateriellen Schaden aus der Verkehrssicherungspflichtverletzung« feststellen, und der werde sich auf zusätzliche 72 000 Euro summieren.
Claus Rudolf Grünhoff als Vorsitzender der 1. Zivilkammer des Landgerichts hielt die Forderung für überzogen. Die Schilderung des Unfalls durch die Türkin sei »undeutlich, widersprüchlich und unschlüssig«. Die Rampe in dem Geschäfts sei im übrigen »durchaus behindertengerecht«. Die Schräge wies eine Neigung von 20 Prozent aus. Grünhoff: »Jedermann kann selbst bei eingeschränkter Beleuchtung bei einem Mindestmaß von Aufmerksamkeit eine derartige Rampe hinuntergehen, ohne zu Fall zu kommen.« Die Klägerin habe also »darauf zu achten gehabt, wo sie ihre Füße hinsetzt«. Zwar sei die Frau erstmals in den Laden in Rietberg gewesen, doch habe sie sich in Begleitung ihrer erwachsenen Kinder befunden, die sie notfalls hätten führen können.
Die Forderung nach weiterer Unterstützung im Haushalt für die Türkin blieb ebenfalls unberücksichtigt. Eine Ärztin hatte der Klägerin bescheinigt, die Frau brauche täglich eine Stunde lang eine Haushaltshilfe, da sie sehr unter den Unfallfolgen leide. Das Gericht ließ die Frage offen, ob diese Arbeiten nicht auch die drei erwachsenen Kinder übernehmen können. Az.1 O 297/06

Artikel vom 17.10.2006