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Minister ordnet Ermittlung an

Vorteilsnahme im Amt: Bünemann will von drittem Fall nichts wissen

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Das NRW-Innenministerium hat gestern ein Disziplinarverfahren gegen Joachim Bünemann (54) aus Detmold eingeleitet. Der Vorsteher des Landesverbandes Lippe steht im Verdacht der Untreue und der Vorteilsnahme im Amt.
Joachim Bünemann
Das Ministerium will klären, ob Bünemann außer gegen strafrechtliche Vorschriften auch gegen das Dienstrecht verstoßen hat. Als schärfste Sanktion gilt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mit Streichung der Pension.
Noch leitet Joachim Bünemann (SPD) den Landesverband Lippe. Dieser verwaltet mit 198 Mitarbeitern das Vermögen des früheren Landes Lippe, das 1947 ein Teil Nordrhein-Westfalens geworden war. Für seine Tätigkeit erhält Bünemann etwa 6200 Euro pro Monat, außerdem sitzt er in zahlreichen Verwaltungsräten.
Wie mehrfach berichtet, soll der Beamte veranlasst haben, dass die Kosten für das Hochzeitsessen seiner Tochter in Höhe von 5000 Mark im August 2001 als Werbungskosten der verbandseigenen Hotels verbucht wurden. Mit den Kosten (1592,50 Euro) einer privaten Feier zu Bünemanns 50. Geburtstag am Dienstag, dem 9. April 2002, soll ebenso verfahren worden sein. Erst als dieses vor vier Wochen öffentlich bekannt geworden war, hatte Bünemann bezahlt.
Die Staatsanwaltschaft Paderborn geht davon aus, dass es noch einen dritten Fall gegeben hat. So soll am Samstag nach Bünemanns 50. Geburtstag Essen für etwa 18 Personen in Bünemanns Haus geliefert worden sein - ohne Berechnung. Gegenüber Parteifreunden sagte Bünemann jetzt, er könne sich daran nicht erinnern. Er nehme an, dass sich der Belastungszeuge geirrt habe. Der Zeuge ist Wilhelm Redecker, Ex-Geschäftsführer der verbandseigenen Hotel- und Gaststätten-Betriebsgesellschaft (HoGaBe). Er war bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft mit dem Datum 13. April 2002 konfrontiert worden und hatte ausgesagt, möglicherweise auch an diesem Tag Essen ohne Berechnung geliefert zu haben. Auf das Datum waren die Ermittler bei der Auswertung sichergestellter Unterlagen gestoßen.
Der Landesverband Lippe lässt derzeit die HoGaBe-Buchhaltung prüfen. Ein Zwischenbericht wird Anfang kommender Woche erwartet und soll dann veröffentlicht werden.
Die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen Bünemann hatte sich verzögert, weil im Innenministerium offenbar eine Akte vorübergehend verlorengegangen war. Die Staatsanwaltschaft Paderborn hatte ihren Bericht zu dem Fall nämlich schon am vergangenen Dienstag nach Düsseldorf geschickt. Doch dort hieß es gestern Vormittag noch, man habe die Akte nicht und könne den Fall Bünemann deshalb nicht bewerten. Stunden später verlautete dann aus dem Ministerium, dass man nunmehr das Disziplinarverfahren eingeleitet habe.
Die Fraktionen von CDU und Grünen in der Verbandsversammlung wollen nun die Abwahl Bünemanns als Vorsteher beantragen, der Termin für die entsprechende Sitzung soll morgen mit der SPD abgestimmt werden.

Artikel vom 17.10.2006