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Die Zahl der Hungernden kann
bis 2015 halbiert werden

Vereinte Nationen und Hilfswerke sehen gangbaren Weg aus der Not

Rom (WB/rb). Das ehrgeizige Ziel bleibt, wenn alle sich anstrengen, erreichbar: Die Zahl der Hungenden soll bis 2015 halbiert werden.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt für die Vereinten Nationen bei mehr Investitionen im Agrarsektor der Dritten Welt. Zugleich müssten die Industriestaaten aber auch ihre Handelsschranken gegen den Import von Agrarprodukten aus dem Süden abbauen, sagte der Generalsekretär der Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO), Jacques Diouf, gestern in Rom anlässlich des Welternährungstages.
Trotz mancher Erfolge in den vergangenen Jahren leiden nach den Worten Dioufs weltweit noch immer 850 Millionen Menschen an Hunger und Unterernährung, vor allem in Afrika und Asien. Zugleich betonte Diouf: »Es gibt genügend Nahrung, um jeden Menschen auf der Erde zu ernähren.«
Mehr Produktion in der Landwirtschaft der Entwicklungsländer sei durch staatliche und private Investitionen steigerbar. »Die landwirtschaftliche Entwicklung ist der erste Schritt zu einer sich selbst tragenden wirtschaftlichen Entwicklung in der Dritten Welt.«
Allein die UN hätten in den vergangenen 40 Jahren 80 Milliarden Dollar in Agrarprojekte in 165 Ländern investiert. Aber viel müsse noch getan werden, sagte der FAO-Generalsekretär.
Mit der Aktion »Niemand isst für sich allein« beteiligt sich »Brot für die Welt« an der aktuellen Kampagne. Die evangelische Hilfsorganisation weist - wie auch das katholische Werk Misereor - anlässlich des Welternährungstages auf die Ursachen der katastrophalen Ernährungslage hin.
Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen haben dramatische Folgen für den Kampf gegen den Hunger in den betroffenen Ländern. Das ist eines der zentralen Ergebnisse auch eines Berichts, den das Internationale Forschungsinstitut für Ernährungspolitik in Berlin vorgestellt hat.
Von 119 untersuchten Entwicklungs- und Transformationsländern befinden sich zehn afrikanische Staaten an letzter Stelle, die direkt oder indirekt unter Krieg oder Kriegsfolgen leiden. Burundi, in dem seit zehn Jahren Bürgerkrieg herrscht, steht an letzter Stelle. Aber auch fehlende Investitionen in Landwirtschaft, Gesundheit und Bildung wirken sich negativ aus.
Ingeborg Schäuble, die Vorsitzende der Welthungerhilfe, wies auf positive Ergebnisse der Untersuchung hin. So sei es in stabilen Ländern wie Ghana gelungen, Unterernährung und Kindersterblichkeit deutlich zu verringern. Auch in Nachkriegsländern wie Äthiopien, Mosambik und Angola konnten in zehn Jahren Fortschritte erzielt werden.
»Es ist allerdings ein Irrtum zu glauben, allein wirtschaftliche Entwicklung reiche aus, um Hunger zu reduzieren«, sagte Schäuble. »Ohne Investitionen in Landwirtschaft, Gesundheit und Bildung können sich diese Länder nicht entwickeln. Das gilt erst recht für Länder, die unter schweren Krisen und Kriegen gelitten haben.«
Die Vorsitzende der Welthungerhilfe erinnerte an die Verpflichtungen, welche die Staats- und Regierungschefs auf internationalen Gipfeltreffen eingegangen sind. »Die Regierungen der Entwicklungsländer müssen Verantwortung gegenüber ihrer Bevölkerung übernehmen. Aber auch die Geberländer machen sich unglaubwürdig, wenn strategische und wirtschaftliche Interessen in der Zusammenarbeit mit diesen Regierungen im Vordergrund stehen.«Leitartikel

Artikel vom 17.10.2006