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Von Oliver Horst

Versmolder
Aspekte

Stadtring -Êganz oder gar nicht


E in wichtiges Infrastruktur-Projekt ist er für die einen, für die anderen ist er schlichtweg überflüssigÊ - und was die schweigende Bürgermehrheit denkt, bleibt bisweilen unergründet: Der Stadtring rückt mit dem bevorstehenden Abschluss des Planverfahrens wieder verstärkt ins Blickfeld. Der Tag, an dem die Politik nicht nur über eine Trasse auf dem Papier entscheidet, sondern über Grundstückskäufe und die Ausgabe von Millionensummen, ist in Sichtweite.
Versmold und seine Bürger stehen vor einer wegweisenden Entscheidung von besonderer Tragweite -Êfinanziell, wie auch für Feld und Flur. Dabei stehen noch viele Fragen im Weg: Kann und soll die Stadt das Projekt finanziell schultern? Stimmt das Verhältnis von Kosten und Nutzen? Wie wird sich der Verkehr rund um Versmold künftig wirklich entwickeln und wie viel Stadtring muss sein? Eine Antwort zu geben fällt schwer, aber viele Aspekte sprechen für sich.
Wie vom VERSMOLDER ANZEIGER berichtet sind allein für den ersten Bauabschnitt von der B 476 in Loxten bis ins Industriegelände Kosten in Höhe von 5,5 Millionen Euro veranschlagt -Êfür Bauarbeiten, Grundstückskäufe und Ausgleichsmaßnahmen. Wenn von Bund und Land ein 75-prozentiger Zuschuss fließt, hat die Stadt noch stolze 1,4 Millionen Euro zu tragen. Angesichts der aktuellen Finanzlage eine sehr schwere Last.
G anz entscheidende Bedeutung kommt dem Nutzen des Projektes bei. Dazu zählt auch die Ansiedlung und Sicherung von Unternehmen und Arbeitsplätzen. Schwarz auf weiß liegen die Zahlen des Verkehrsgutachtens auf dem Tisch. Für den ersten und auch bei einer Verlängerung durch den zweiten Bauabschnitt bis zur Knetterhauser Straße werden nur Entlastungen einzelner Straßenzüge bei gleichzeitiger Verkehrsverlagerung auf bestehende Straßen prognostiziert. Für die Gutachter gilt der Stadtring in drei Abschnitten bis nach Peckeloh als Durchbruch: Dann käme es »im gesamten Kernbereich Versmolds zu erheblichen Verkehrsentlastungen«, heißt es in der Analyse. Mit diesem Ziel war der Stadtring geplant worden.
Bleibt die Frage der Verlässlichkeit von Prognosen. Ohnehin sollte auf die Verkehrsentwicklung in den kommenden Monaten und Jahren besonderes Augenmerk gelegt werden. Durch die Verlagerung des Umschlaglagers von Kraftverkehr Nagel ins Interkommunale Gewerbegebiet ist zunächst mit einer spürbaren Zunahme des Schwerlastverkehrs auf der Durchfahrtstraße zu rechnen. Doch wie wird sich der angestrebte Lückenschluss der A 33 auswirken? Auf diese, für das Projekt »Stadtring« so elementare Frage, ist selbst von Praktikern in den Logistikbetrieben keine klare Antwort zu erhalten.
Die Politik will jeden Bauabschnitt separat betrachten. Vor allem aber an der einvernehmlichen Machbarkeit des dritten Abschnitts in Peckeloh bestehen Zweifel. Nicht nur, weil Anwohner protestieren. Auch Grundstückseigentümer sollen unmissverständlich erklärt haben, nicht freiwillig Land abzugeben. Was geschieht dann, wenn zwei Abschnitte gebaut sind und der dritte als notwendig erkannt wird? Und was, wenn keine oder nur noch geringe Fördergelder fließen? Viel spricht beim Stadtring für ein Bekenntnis »ganz oder gar nicht«. Doch dazu ist in der Politik, mit Ausnahme der Grünen, derzeit offenbar niemand bereit.

Artikel vom 14.10.2006