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Was hinter den Zetteln
mit Nummern steckt

Forscher aus Münster im Vatikan-Archiv

Münster (dpa). Münsteraner Forscher sind im Vatikanischen Geheimarchiv auf die handschriftlichen Notizen Eugenio Pacellis, des späteren Papstes Pius XII. (1939-1958), aus den Jahren 1930 bis 1939 gestoßen.

Davon erhoffen sie sich wegweisende Erkenntnisse über dessen Arbeit als Kardinalstaatssekretär, sagte der renommierte Kirchenhistoriker Prof. Hubert Wolf von der Universität Münster gestern. Die Auswertung werde jedoch noch Jahre dauern: »Man braucht 1000 Akten dazu, um einen Zettel zu verstehen.« Kritiker werfen dem Papst vor, zum Holocaust geschwiegen zu haben.
Die Akten des Archivs zeigten, dass die Kurie über weltpolitische Ereignisse bestens unterrichtet war. »Das kann man jetzt erst einmal nur bis 1939 sagen, weil das Archiv nur bis dahin geöffnet ist«, sagte Wolf mit Blick auf die Reaktion des späteren Papstes Pius XII. zum Holocaust. Die Notizen informierten über Inhalte der täglichen Audienzen Eugenio Pacellis bei Papst Pius XI., sagte Wolf. »Sie zeigen: Was sind die Themen, die der Staatssekretär für so wichtig erachtet, dass er sie nicht selbst entscheidet, sondern Rücksprache mit dem Papst nimmt.« Auf den Zetteln stünden jedoch nur knappe Hinweise mit Nummern von Berichten sowie die Entscheidung des Papstes. »Wenn Sie nicht wissen, was sich hinter der Nummer versteckt, was der Nuntius berichtet hat und was der Kardinalstaatssekretär entworfen hat, wissen Sie gar nichts.«
Über Pacelli, der von 1917 bis 1929 Nuntius in Deutschland war, geben nach Auskunft Wolfs vor allem seine etwa 4500 Nuntiaturberichte Auskunft. Die Münsteraner Forscher planen eine Internetedition dieser Berichte.

Artikel vom 11.10.2006