22.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Auflage plötzlich nur noch eine Empfehlung

Baudenkmal An der Stiftskirche 10: Renovierung mit falschem Verfahren hatte teure Folgen


Schildesche (-er). Nach zwölfwöchiger Renovierungszeit hebt sich der Südgiebel des Hauses An der Stiftskirche 10 in neuem Glanz in den blauen Himmel. Bei Gisela und Gerhard Welscher, dem Besitzer-Ehepaar, bleibt jedoch bei aller Freude über das Ergebnis ein schaler Nachgeschmack. Denn durch die 1984 vom Landeskonservator festgelegten Vorgaben ist der Giebel erst in seinen renovierungsbedürftigen Zustand gelangt.
Die Vorgeschichte: Das 1781 erbaute Fachwerkhaus wurde von Ehepaar Welscher 1975 erworben und für die Nutzung als vorübergehendes Quartier ihrer Buchhandlung hergerichtet. Nachdem das Geschäft wieder in das benachbarte Haus zurückgezogen war, wurde in dem Baudenkmal ein Restaurant eröffnet: die »Bonne Auberge«.
Für die erste Renovierung gab es keinerlei Förderung: Die Denkmalbehörde zog sich auf den Standpunkt zurück, sie sei vorher nicht einbezogen und gefragt worden. Gerhard Welscher schwor sich, nie wieder ohne Rücksprache mit der Behörde irgend etwas in Auftrag zu geben. Deshalb war das Denkmalamt gleich »mit im Boot«, als 1984 der Südgiebel renoviert wurde. Die amtlichen Vertreter forderten die Behandlung der Eichenbalken mit dem Beta-Verfahren. Bei diesem wird eine Kunstharz-Schicht aufgespachtelt. Die Förderung betrug 10 000 Deutsche Mark. Der Nachteil des Verfahrens zeigte sich bereits fünf Jahre später: das Holz konnte nicht mehr arbeiten, es entstanden Risse, in die Feuchtigkeit eindringen konnte, Faulprozesse begannen. 1996 erhielten Welschers die Bestätigung von Fachleuten, dass das Beta-Verfahren ungeeignet gewesen sei.
Nach Gesprächen mit der Denkmalbehörde in Münster und langem Zögern ob der Kosten, entschloss sich Ehepaar Welscher im vergangenen Jahr doch zu einer Sanierung des Südgiebels. Wieder wurde die Aufsichtsbehörde einbezogen. Und Gerhard Welscher, der den Hinweis auf fatalen Folgen des Beta-Verfahrens gab, erhielt eine lapidare Auskunft. »Das seien ja damals nur Empfehlungen gewesen, wurde mit geantwortet.« Welscher hat trotzdem Nägel mit Köpfen gemacht, die empfohlene Fachfirma aus Lemgo beauftragt und - wieder ohne Förderung - investiert. »Bei den Arbeiten stellte sich ja erst heraus, was alles schon verfault oder angefault war«, berichtet er von seinen Erlebnissen. 70 000 Euro hat die Sanierung nun gekostet Und die Behörde gab auch neue Auflagen. Der Isolieranstrich war für die Balken auf dem Gebäudefundament nicht erlaubt. Sie mussten auf eine »magere Kalksandmörtelschicht mit Zuschlag entfetteter Tierhaare« gelegt werden.

Artikel vom 22.09.2006