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Gesundheitsreform noch später

Milbradt bringt Verschiebung ins Gespräch - Einigung nicht in Sicht

Berlin (Reuters). Eine Einigung der Koalition in zentralen Fragen der Gesundheitsreform zieht sich weiter hin. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte gestern in Berlin, die Arbeitsgruppe von Union und SPD werde ihre Beratungen über einen Gesetzentwurf nicht schon bei der morgigen Sitzung abschließen können, »weil die Lücken noch zu groß sind«.
Die Arbeitsgruppe unter Leitung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) stehe nicht unter Zeitdruck und dürfe daher in wichtigen Fragen nicht voreilig entscheiden. Zugleich stellte Ramsauer erneut zentrale Inhalte der Reform in Frage.
Die SPD forderte er auf, die geplante Begrenzung des Zusatzbeitrags der Kassen auf ein Prozent des Haushaltseinkommens aufzugeben. Auch dürfe der Finanzausgleich zwischen den Kassen nicht in der geplanten Form kommen. Ramsauer äußerte die Hoffnung, dass der Streit um die Reform mit den Ministerpräsidenten der Union nicht zu einem Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat führt.
Der Kabinettsbeschluss für die Gesundheitsreform, der für Mitte Oktober in Aussicht gestellt worden war, solle erst dann fallen, wenn auch die Bedenken der Länder ausgeräumt seien, sagte der CSU-Politiker. Er verwies auf ein Treffen der Unions-Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel morgen Abend in Berlin, das regelmäßig vor Bundesratsitzungen stattfindet.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Elke Ferner schließt ein Entgegenkommen an die Union in zentralen Streitpunkten bei der Gesundheitsreform aus.
Die Regelung, wonach die geplante Zusatzprämie der Kassen ein Prozent des Haushaltseinkommens eines Versicherten nicht überschreiten darf, sei für ihre Partei »definitiv nicht verhandelbar«, erklärte Ferner gestern.
»Auch nicht über ein Vermittlungsverfahren, was der Union offenkundig vorschwebt.« Aus reinen Eigeninteressen heraus versuchten Unionsländer Änderungen in Bereichen durchzusetzen, die in der Arbeitsgruppe wie auch in der Spitzenrunde der Koalition ausführlichst diskutiert worden seien. Ferner schloss ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat zur Gesundheitsreform nicht grundsätzlich aus. Allerdings dürften darin nur noch Details und keine grundsätzlichen Fragen behandelt werden.
Dagegen rechnet Ferner mit einer Einigung beim strittigen Thema des Beitragseinzugs der Kassen durch den geplanten Gesundheitsfonds. Das Arbeits- und das Gesundheitsministerium hätten sich in dieser Frage bereits auf einen Kompromiss verständigt, verlautete auch von anderer Seite aus der Koalition.
Im Streit um die Gesundheitsreform hat der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt eine weitere Verschiebung ins Gespräch gebracht. »Zeit ist ein wichtiger Faktor, aber wichtiger ist, dass der Inhalt stimmt«, betonte der CDU-Politiker.
»Niemandem ist gedient, wenn das Gesetz wieder und wieder nachgebessert wird.« Der politische Kalender, in dem etwa Landtagswahlen im Jahr 2008 eine Rolle spielen, dürfe nicht vor den Sachfragen stehen. Wegen zahlreicher Streitfragen hatten die Koalitionsspitzen Anfang des Monats entschieden, den Start der Reform um drei Monate auf April 2007 zu verschieben.
Milbradt nannte es »illusorisch«, dass noch vor dem Gesetzgebungsverfahren ein Konsens über die Reform erzielt werden könne. »Dazu ist die Materie zu komplex.« Erst im Gesetzgebungsverfahren könnten die unterschiedlichen Interessen von Bund und Ländern abgestimmt werden.
Das Bundeskabinett soll dem bisherigen Zeitplan zufolge den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Eckpunkte spätestens am 11. Oktober beschließen und dann in den Bundestag einbringen.

Artikel vom 20.09.2006