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Minsterin
bremst bei
Strompreisen

Weitere Kontrollen angekündigt

Düsseldorf (dpa). Nordrhein-Westfalens Landesregierung sagt den Preistreibern unter den Stromanbietern den Kampf an. Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) kündigte gestern ein Maßnahmenpaket zur Begrenzung der Strompreise an.

Mit einer Bundesratsinitiative will sie als Sofortmaßnahme die Verlängerung der Stromtarifaufsicht der Länder für Haushalte und kleine Gewerbebetriebe über den 30. Juni 2007 hinaus verlängern. In NRW haben bisher 111 von 119 Stromanbietern Preiserhöhungen beantragt. Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden müsse mit rund 45 Euro höheren Kosten rechnen. In Ostwestfalen-Lippe haben unter anderem EON-Westfalen-Weser, die Stadtwerke Bielefeld und RWE Weser-Ems Strompreiserhöhungen beantragt.
»Die in diesen Tagen im Wirtschaftsministerium eingehenden Anträge auf Strompreiserhöhungen belegen überdeutlich, dass wir von einem funktionierenden Wettbewerb noch weit entfernt sind«, sagte Thoben. Die Ziele, die sich die alte Bundesregierung mit dem Energiewirtschaftsgesetz von 2005 gesetzt habe, seien bisher nicht erreicht. »Wir müssen deshalb unverzüglich handeln, um das Schlimmste für die Verbraucher zu verhindern«, sagte die Ministerin.
Der Bund der Energieverbraucher begrüßte die Initiative, forderte aber noch weiter gehende Schritte. »Nicht nur Erhöhungen gehören auf den Prüfstand, sondern auch die bereits derzeit weit überhöhten Strompreise«, sagte der Vorsitzende der Verbraucherschutzorganisation, Aribert Peters. Nach Berechnungen der Verbraucherschützer zahlen deutsche Privathaushalte je nach Verbrauchsmenge zwischen 2,4 und 7 Cent je Kilowattstunde mehr als ihre europäischen Nachbarn.
Nach der bisherigen Gesetzeslage müssen Stromkonzerne nur noch bis Mitte 2007 die Genehmigung der Landes-Wirtschaftsministerien einholen, wenn sie die Preise anheben wollen. Mit der Bundesratsinitiative will Thoben diese Frist nun verlängern. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll in wenigen Wochen vorliegen.
Die jetzt vorliegenden bisher 111 Anträge will Thoben »außerordentlich restriktiv« prüfen, kündigte sie weiter an. NRW will auch prüfen lassen, ob die bisherige Praxis der Energieunternehmen weiter hinnehmbar sei, bei der Preisberechnung die kostenlos erhaltenen Verschmutzungsrechte - so genannte Emissionszertifikate - als Kosten anrechnen zu können.
Im Streit um die Strompreise müssen zudem weitere große Netzbetreiber mit einer Senkung ihrer Durchleitungsgebühren rechnen. Die Bundesnetzagentur will heute ihre Entscheidungen bekannt geben. Die Netzagentur hat bereits RWE, EnBW, Vattenfall Europe und dem Regionalversorger Thüringer Energie (TEN) Abschläge zwischen 8 und 18 Prozent bei den beantragten Strom-Netzgebühren verordnet. Eine ähnliche Entscheidung erwarten Branchenkenner auch für den Stromriesen E.ON und etwa 20 weitere Versorger. Die von der Netzagentur zum ersten Mal kontrollierten Netzgebühren fließen zu etwa einem Drittel in den Endpreis ein.

Artikel vom 30.08.2006