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Lotto-Monopol wird gelockert

Bundeskartellamt will für mehr Konkurrenz sorgen - Gebühren schwanken

Bonn/München (dpa). Das Bundeskartellamt will im Interesse der Millionen von Tipp-Kunden für mehr Konkurrenz beim staatlichen Lotto sorgen. Die 16 Länder-Gesellschaften dürften den Markt nicht weiter regional in den Ländergrenzen unter sich aufteilen, sagte Kartellamtspräsident Ulf Böge gestern in Bonn.

Die Behörde erteilte außerdem privaten Unternehmen grünes Licht, gegen Provision Tippscheine der Lottogesellschaften etwa in Supermärkten oder Tankstellen anzunehmen und weiterzuleiten. Der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) kritisierte die Beschlüsse als »absurd« und legte nach eigenen Angaben umgehend Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein.
Böge machte klar, dass es bei den Kartellamts-Entscheidungen nicht um das Ende des staatlichen Wettmonopols gehe, sondern nur um die Vermittlung und den Vertrieb »staatlicher Tippscheine« der Lottogesellschaften. Hier müsse es allerdings Wettbewerb geben. Kartellartige Strukturen und Vereinbarungen seien rechtlich unzulässig.
Für die Bundesländer, die sich ebenfalls gegen eine Aufweichung der Monopol- und Absprachestrukturen wehrten, sind die Lotto-Erträge eine wichtige Geldquelle. Allein Lotto spielt nach Angaben Böges fünf bis sechs Milliarden Euro jährlich in die Länderkassen. Bisher haben die Verbraucher kaum die Möglichkeit, die günstigste Lottogesellschaft zu wählen. Sie sind weitgehend durch ihren Wohnsitz an die mit dem jeweiligen Bundesland verknüpfte Gesellschaft gebunden.
Die Absprache der Lottogesellschaften, ihre Tätigkeit auf ihr jeweiliges Heimat-Bundesland zu beschränken, sei eine unzulässige »Gebietsaufteilung« und verstoße gegen deutsches und europäisches Recht, sagte Böge. Ein Verbot dieser Kartell-Regelung komme dem Verbraucher zu Gute, da er dann zwischen preislich oft unterschiedlichen Angeboten auswählen könne. Im Internet schwanken die Gebühren für »Lotto 6 aus 49« beispielsweise zwischen 10 Cent in Bremen und 35 Cent in Norrhein-Westfalen.
Auch bei der Tipp-Vermittlung durch private Unternehmen zeigten die Wettbewerbshüter den Lottogesellschaften die rote Karte. Der Lotteriestaatsvertrag lasse die gewerbliche Vermittlung durch private Firmen ausdrücklich zu, sagte Böge. Sollte sich das Kartellamt mit seiner Auffassung vor Gericht durchsetzen, sei zu erwarten, dass bis zu 30000 weitere Lotto- Verkaufsstellen eröffnet würden, sagte der Geschäftsführer von Lotto Brandenburg und Federführer des DLTB, Horst Mentrup in München. Die 25 000 bestehenden Annahmesstellen müssten dadurch mit Einbußen rechnen oder sogar um ihre Existenz fürchten.
Die Lottogesellschaften sollten zur gegenseitigen Konkurrenz gezwungen werden, was den Glücksspielmarkt in Deutschland anheizen werde, sagte Mentrup. »Das Kartellamt missachtet mit diesen Entscheidungen nicht nur die höchstrichterliche Rechtsprechung, sondern ignoriert auch den ordnungsrechtlichen Auftrag der Lotteriegesellschaften.« Der Lotto- und Totoblock wolle an seinem staatlichen Auftrag festhalten und seine »ordnungspolitische Verantwortung« wahrnehmen. Dieser bestehe darin, Spielsucht zu bekämpfen und die Spielleidenschaft zu kanalisieren.
Das Lottospiel hat dem Land Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr 285 Millionen Euro eingebracht. So hoch seien die Einnahmen der staatlichen Lottogesellschaft »Westlotto« gewesen, die in den Landeshaushalt flossen, teilte das NRW-Finanzministerium am Montag mit. NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) sagte: »Das Kartellamt ignoriert, dass in Deutschland der Glücksspielbereich ausschließlich in die Gesetzgebungshoheit der Länder fällt. Nach den bestehenden Ländervereinbarungen ist ein grenzüberschreitender Wettbewerb ausgeschlossen.«

Artikel vom 29.08.2006