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Bombenleger hatten Helfer

Zwei weitere Festnahmen - Herrenloser Koffer in Höxter gesprengt

Konstanz/Beirut/Höxter (WB/fsp/dpa). Die Festnahme von zwei weiteren Verdächtigen im Fall der fehlgeschlagenen Bahn-Attentate mit Kofferbomben stärkt die Vermutung, dass die beiden zuerst verhafteten Libanesen Komplizen hatten.

Der im Libanon festgenommene Jihad H. hat nach Angaben der Regierung am Freitag in Beirut die Tat gestanden. Nach Angaben des libanesische Innenministers Ahmad Fatfat gibt es auch Hinweise auf eine Verbindung von H. zur Extremistenorganisation El Kaida.
H. habe alles zugegeben, nachdem man ihm die Bilder der Überwachungskameras vom Kölner Hauptbahnhof gezeigt habe. Zur einer Verbindung zu El Kaida fügte der Innenminister hinzu: »Bislang ist noch nichts eindeutig, aber in seinem Computer haben wir etwas gefunden, das auf El Kaida hindeutet.«
BKA-Präsident Jörg Ziercke geht von einem breiten Netz von Tätern aus. Es sei wahrscheinlich, »dass es in Deutschland Mitwisser und Helfer gegeben hat«. Ziercke sagte, das BKA gehe jetzt von einer terroristischen Zelle in Deutschland aus.
Ein herrenloser Koffer am Bahnhof Höxter musste kontrolliert gesprengt werden. Es handelte sich nicht um eine Bombe. Ein Taxifahrer hatte das Gepäckstück am Bahnsteig um 7.25 Uhr bemerkt. Die Polizei sperrte den Bahnhof ab, Züge durften weder ein- noch ausfahren. Der Koffer stand direkt neben einem verschlossenen Abfallcontainer.
Die Polizei geht davon aus, dass der Besitzer ihn entsorgen wollte.
Polizeisprecher Peter Schneider warnt Nachahmer ausdrücklich davor, sich aus einer Bombendrohung oder Ankündigung einer Sprengstoffexplosion einen Spaß zu machen: »Es handelt sich hierbei um Straftaten, die in jedem Fall intensiv verfolgt und mit Gefängnis bestraft werden.«
Nach Bielefeld will jetzt auch Paderborn Videoüberwachung »an besonders ausgewählten gefährlichen Orten, aber keineswegs flächendeckend« einführen. Landrat und Polizeichef Manfred Müller: »Dabei denke ich nicht nur an Attentatsgefahren, sondern auch an alltägliche Kriminalität, wie Diebstähle und Körperverletzung.« Besonders im Blick: der Hauptbahnhof und wichtige Bushaltestellen.
Dem in Konstanz festgenommenen Libanesen werden Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, versuchter Mord in einer Vielzahl von Fällen und das versuchte Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vorgeworfen. Er stamme aus dem Umfeld des in Kiel verhafteten mutmaßlichen Attentäters Youssef Mohamad El Hajdib (21), teilte die Bundesanwaltschaft mit.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ist noch offen, ob und inwieweit der Verdächtige in die Vorbereitungen der misslungenen Anschläge auf Regionalzüge vor dreieinhalb Wochen eingebunden gewesen ist. In Konstanz wurde unter anderem ein Laptop sicher gestellt. Es besteht der Verdacht, dass der Computer El Hajdib gehörte.
Der libanesische Innenminister Ahmed Fatfat erklärte, »wir haben den deutschen Ermittlern erlaubt, dem Verhör beizuwohnen und Jihad Hamad auch zu verhören«. Die libanesische Polizei vernahm zudem einen Angehörigen des in Kiel verhafteten El Hajdib als Zeugen.
Da sich der 24 Jahre alte Mann in Widersprüche verstrickt habe, befindet er sich nun in Polizeigewahrsam. Hamad war, kurz nachdem die nicht detonierten Sprengsätze entdeckt worden waren, in den Libanon gereist. Kennengelernt haben sich Hamad und El Hajdib offenbar nicht im Libanon, sondern erst in Deutschland. Dies soll El Hajdib in der Haft ausgesagt haben, schreibt die Süddeutsche Zeitung..
Muslimische Verbände in Deutschland distanzierten sich von Terror und Gewalt. »Mit Entsetzen und tiefer Abscheu« verurteile man die versuchten Bombenattentate, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung mehrerer VerbändeĆ”
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Artikel vom 26.08.2006