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Krönung in der Kaiserstadt

Reiter-WM: Isabell Werth triumphiert mit Satchmo auch im Grand Prix Special

Aachen (WB/dpa). Als die Nationalhymne ertönte, gab es kein Halten mehr. Isabell Werth kullerten die Tränen über die Wangen. Die erfolgreichste Dressurreiterin konnte es kaum fassen, dass sie ihr grandioses Comeback am Freitag tatsächlich mit der zweiten Goldmedaille innerhalb von drei Tagen gekrönt hatte.

Die 37-Jährige aus Rheinberg hatte zuletzt zahlreiche Rückschläge einstecken müssen - und erlebte nun bei den Weltmeisterschaften in Aachen mit dem dritten Doppel-Titel nach 1994 und 1998 eine tolle Rückkehr.
»Sensationell«, sagte Werth nach ihrer Gala mit ihrem zwölfjährigen Wallach Satchmo. »Es ist ein so großes Gefühl, das kann ich gar nicht beschreiben.« Trotz der vier olympischen Goldmedaillen und fünf WM-Titeln, die sie in ihrer beispiellosen Karriere bereits gewonnen hat, war die Juristin überwältigt.
»Ich habe gar nicht auf die anderen geachtet, sondern nur auf Satchmo«, berichtete sie, »es hat alles geklappt.« Locker verwies sie Anky van Grunsven aus den Niederlanden mit Salinero und Andreas Helgstrand aus Dänemark mit Matine auf die Plätze zwei und drei. Und am Samstag kann sie nachlegen und in der Kür sogar die erste Dreifach-Weltmeisterin werden.
Der Sieg von Werth ist eine unglaubliche Geschichte, denn sie ritt in Aachen nur mit dem Reservepferd. »Er ist nicht immer einfach«, beschrieb Werth ihr Pferd, das als Ersatz eingesetzt werden musste für den verletzten Warum nicht. »Er ist aber kein Zweitpferd, ich habe eine ganz besondere Beziehung zu ihm«, sagte Werth: »Ich habe immer an ihn gelaubt.« Mit 79,480 Prozentpunkten wurde ihre Vorstellung belohnt, so dass der Vorsprung vor der favorisierten Niederländerin van Grunsven (77,800) und vor dem überaschend starken Helgstrand (76,560) deutlich war.
Der manchmal ungehorsame Satchmo hatte Werth schon einige Male im Stich gelassen, obwohl sie mit ihm auch schon den Team-Titel bei den Europameisterschaften 2003 in Hickstead gewann. Werth: »Er hat schon für einige Schrecksekunden gesorgt.« Sogar im Viereck hochgestiegen war Satchmo.
Auf Platz fünf kam Nadine Capellmann (Würselen) mit Elvis (74,760). Enttäuschend verlief der Einzel-Wettbewerb für Heike Kemmer. Die 44-Jährige aus Winsen an der Aller hielt mit Bonaparte den Erwartungen nicht stand. Sie erhielt lediglich 73,200 Prozentpunkte und kam damit nur auf Rang sieben.
Beeindruckend war die Kulisse im Dressurstadion. Fast 45 000 Zuschauer schufen in einigen Momenten Fußball-Atmosphäre. Die meisten Probleme hatte damit Salinero. Der zwölfjährige Wallach hatte bereits am Mittwoch während der Teamentscheidung Unsicherheiten gezeigt und war nach der Siegerehrung nicht mehr zu halten. »Da habe ich uns allen einen gewaltigen Schrecken eingejagt«, sagte Anky van Grunsven, »die Begeisterung und der Jubel waren einfach zu viel für Salinero.«
Hubertus Schmidt belegte mit Wansuela Suerte und 71,040 Punkten den 13. Platz. »Heute hat einfach alles gestimmt. Hubertus hat gezeigt, was er wirklich kann«, lobte Bundestrainer Schmezer.
An der letzten Dressur-Entscheidung am heutigen Samstag, die unter Flutlicht ausgetragen wird, darf er nicht mehr teilnehmen. Hier sind nur die drei Besten jedes Landes startberechtigt.
Der Olympiasieger aus Borchen-Etteln war jedoch ganz Kavalier und ließ Werth, Capellmann und Kemmer den Vortritt: »Schließlich haben die Damen ja in der Mannschafts-Wertung dafür gesorgt, dass ich in Aachen auch noch mit Gold belohnt worden bin. Und unterm Strich kann ich zufrieden sein mit meiner Leistung«
Dressur, Einzel, Grand Prix Special: 1. Isabell Werth (Rheinberg) - Satchmo 79,480 Prozentpkt.; 2. Anky van Grunsven (Niederlande) - Keltec Salinero 77,800; 3. Andreas Helgstrand (Dänemark) - Blue Hors Matine 76,560; 4. Stefen Peters (USA) - Floriano 75,200; 5. Nadine Capellmann (Würselen) - Elvis 74,760; 6. Silvia Iklé (Schweiz) - Salieri 73,720; 7. Heike Kemmer (Winsen/Aller) - Bonaparte 73,200; 13. Hubertus Schmidt (Borchen-Etteln) - Wansuela Suerte 71,040

Artikel vom 26.08.2006