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Madonna: provokant,
aber nicht strafbar

Katholische Kirche kritisiert Show als »völlig daneben«

Düsseldorf (dpa). Gegen US-Superstar Madonna (48) wird in Düsseldorf kein Ermittlungsverfahren wegen ihrer umstrittenen Kreuzigungs-Szene eingeleitet. Die Darstellung sei zwar äußerst provokativ, strafbar sei sie aber nicht, sagte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken.

Die Behörde hatte angekündigt, die Szene zu prüfen. Im Vorfeld war eine Strafanzeige eingegangen. Die Amerikanerin hatte sich auch am Sonntagabend in Düsseldorf wie Jesus an einem überdimensionalen Kreuz auf der Bühne emporziehen lassen, auf ihrem Kopf trug sie einen Dornenkranz. 45 000 Menschen in der ausverkauften Düsseldorfer Arena sahen den ersten Auftritt der Pop-Diva in Deutschland seit fünf Jahren.
In dem Stück (»Live to tell«) mit der umstrittenen Szene transportiert die Sängerin über riesige Video-Leinwände auch einen ernsten Inhalt: Sie erinnert an zwölf Millionen Kinder, die in Afrika durch Aids zu Waisen geworden seien und stellt ihr Leiden in einen Zusammenhang mit dem Leiden Jesu. Dies sei zwar äußerst plakativ, ein Beschimpfen religiöser Symbole sei es rechtlich aber nicht, sagte Mocken. Die Grenzen der Kunstfreiheit seien gewahrt.
Die katholische Kirche bekräftigte dagegen gestern ihre Kritik: »Sich als Christus darzustellen, ist eine Anmaßung ohnegleichen«, sagte ein Sprecher des Erzbistums Köln. Diese Inszenierung des Themas Aids sei unangemessen und »völlig daneben«.
Es blieb nicht die einzige politische und religiöse Provokation der 48-Jährigen, die in streng katholischen Schulen erzogen wurde und nach dem Willen ihrer Mutter Nonne werden sollte: In schnellen Videobildwechseln zeigt sie US-Präsident Bush gleich hinter Hitler und Diktator Pinochet. Auf der Bühne rangeln zwei Tänzer miteinander: Der eine mit dem jüdischen Davidstern, der andere mit dem islamischen Halbmond auf der nackten Brust. »Beichte auf der Tanzfläche«, heißt das neue Album der Pop-Ikone, dass sie zur bestverdienenden Musikerin der Welt machen soll.
In einer riesigen Disco-Kugel war die Sängerin zum Beginn des Konzerts von der Hallendecke auf die Bühne geschwebt. Für ihre Show greift die Pop-Diva gerne in die Vollen: 1,6 Millionen Euro haben allein die Kristalle auf der Disco-Kugel gekostet. Sieben Mal wechselt sie ihre von Mode-Zar Gaultier entworfenen Kostüme.
Heute ist die Sängerin in Hannover zu sehen, bevor der Tross Deutschland verlässt. Die Organisatoren des Madonna-Konzerts in Moskau wollen mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen jede Gefahr für den US-Popstar ausschließen. »Die geheimnisvollen kriminellen Strukturen werden keine Chance bekommen, der Sängerin Schaden zuzufügen«, sagte ein Sprecher der Veranstalter gestern in der russischen Hauptstadt. Die britische Presse hatte am Wochenende von angeblichen Drohungen der russischen Mafia berichtet: Madonna solle ihr Konzert am 11. September in Moskau absagen, sonst würden sie und ihre Kinder entführt. Zuvor hatte sich die russisch-orthodoxe Kirche gegen das erste Konzert Madonnas in Russland ausgesprochen, weil die Bühnenshow gotteslästerlich sei.

Artikel vom 22.08.2006