19.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gefasster Täter
entkommt der
Justiz wieder

Mutmaßlicher Bandenboss geflohen

Von Christian Althoff
Gütersloh (WB). Ein mutmaßliche Drahtzieher der Bande, die allein in Ostwestfalen-Lippe in 13 Geldinstitute eingebrochen war, ist der Justiz wieder entwischt. Der in Gütersloh gemeldete Türke Esek D. war bis zum Prozess aus der Untersuchungshaft entlassen worden - und hat seine Freiheit jetzt zur Flucht genutzt.
Kripochef Bernd Flake: Seine Ermittler fassten die Bande.

In der Nacht zum 6. Juli 2005 waren drei Männer in eine Filiale der Sparkasse Rietberg (Kreis Gütersloh) eingestiegen, um Kunden-Schließfächer aufzubrechen. Weil sie fälschlicherweise annahmen, sie hätten Alarm ausgelöst, waren sie ohne Beute geflohen. Der Einbruch war Auftakt zu einer Serie, in deren Verlauf eine Bande in unterschiedlicher Zusammensetzung zwölf weitere Geldinstitute in Ostwestfalen-Lippe aufsuchte. Betroffen waren, zum Teil mehrfach, Filialen der Sparkasse Paderborn, der Volksbank Gütersloh, der Sparkasse Detmold, der Kreissparkasse Verl, der Volksbank Rietberg, der Sparkasse Herford, der Kreissparkasse Halle sowie der Kreissparkasse Rheda-Wiedenbrück.
Aus den Schließfächern, die zumeist in den Vorräumen untergebracht sind und in denen die Kunden eigentlich nur ihre Sparbücher verwahren sollten, stahlen die Täter Geld, Münzen, Silberbarren und Schmuck. Allein an Bargeld fielen ihnen etwa 75 000 Euro in die Hände. »Der Sachschaden an den Schließfächern war mindestens ebenso hoch«, sagt Kriminaloberrat Bernd Flake. Der Kripochef des Kreises Lippe hatte eine Ermittlungskommission aufgestellt, die die Bande schließlich überführt hatte.
Anhand von Handydaten hatte die Polizei einen Kreis von Verdächtigen bestimmt. An den Fahrzeugen mehrerer mutmaßlicher Bandenmitglieder waren dann sogenannte GPS-Sender angebracht worden, die der Ermittlungskommission ständig den Standort der Wagen übermittelten. Als am 30. März 2006 gegen 1.45 Uhr vier Bandenmitglieder in eine Sparkassenfiliale in Steinhagen einstiegen, griffen Beamte des Mobilen Einsatz-Kommandos Bielefeld zu.
Insgesamt ermittelte die Polizei 15 Männer, die zu der Bande gehören und ähnliche Einbrüche auch in anderen Bundesländern begangen haben sollen. Außerdem sollen Bandenmitglieder für Überfälle auf eine McDonald's-Filiale und einen Spielsalon in Gütersloh verantwortlich sein.
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat jetzt Anklage gegen zwei Deutsche aus Bielefeld und Gütersloh, einen Griechen aus Bielefeld sowie vier Türken aus Delbrück, Gütersloh und Harsewinkel erhoben, die sich im Herbst vor Gericht verantworten müssen. Dem mutmaßlichen Drahtzieher Esek D. aus Gütersloh kann dann allerdings nicht der Prozess gemacht werden. Sein Anwalt Alexander Strato bestätigte am Freitag, dass sich sein Mandant abgesetzt habe. Esek D. soll gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgepackt und Angaben gemacht haben, die zur Klärung des Falls geführt haben. Als Gegenleistung war er bis zum Prozess aus der U-Haft entlassen worden. Der Auflage, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden, kam der Türke jedoch nicht nach. Er setzte sich ab, Gerüchten aus seinem privaten Umfeld zufolge nach Italien. »Ich war davon ausgegangen, dass er sich dem Prozess stellen wird. Die Flucht hat mich überrascht«, sagte der Anwalt.

Artikel vom 19.08.2006