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Kärntens Schönheit am
besten zu Fuß genießen
Viel Natur und Kultur rund um die Festung Hochosterwitz nahe Klagenfurt
Wenn der Nebel im Klagenfurter Becken sich verzogen hat, ist Kärntens Schönheit am besten von markanten Aussichtspunkten zu genießen. Dazu zählt neben dem Turm auf dem Pyramidenkogel bei Maria Wörth vor allen Dingen der Magdalensberg.
Hat ersterer den Vorteil, den Blick auch auf den Wörthersee zu ermöglichen, so bietet sich die zweite Alternative an, wenn man die Panorama-Wanderung mit einer zünftigen Jause verbinden will.
Denn neben dem Kirchlein auf dem Magdalensberg steht ein uriges Gasthaus, von dessen Terrasse der Blick weit über Kärnten Richtung Slowenien und Osttirol schweift - da schmecken Kaiserschmarrn & Co. gleich doppelt so gut - und zur Erfrischung nach dem Aufstieg gönnt man sich am besten den hausgemachten Holunder- oder Melissensaft.
So gestärkt, ist es Zeit, sich den Ausgrabungen der römischen und keltischen Funde zu widmen. Es waren römische Kaufleute und Soldaten, die das Christentum etwa um 300 in die Region brachten, Virunum (das heutige Zollfeld bei Klagenfurt) wurde damals Bischofssitz. Im achten Jahrhundert wurde dann Maria Saal zum Zentrum der zweiten Christianisierung, nachdem der Salzburger Bischof Vigil Chorbischof Modestus mit Priestern und Klerikern nach Karantanien geschickt hatte.
Noch heute gehört Maria Saal zu den beeindruckendsten Sakralbauten Kärntens, nicht zuletzt durch die Decke des Kirchenschiffs in Distelstruktur, die den Stammbaum Christi zeigt.
Aus der jüngeren Vergangenheit stammt das Bild, dass Jesus als Menschenfischer zeigt, wie er einen Ertrinkenden rettet. Dass dieser dem Sowjet-Revolutionär Lenin verblüffend ähnlich sieht, ist durchaus eine gewollte Provokation des Malers.
Neben der Kirchengeschichte ist im Raum Klagenfurt auch die politische Vergangenheit ein Thema im Tourismus, ist die Region doch das historische Kernland Sloweniens. Ähnlich wie die Sorben sind die karnischen Slowenen heute eine slawische Minderheit, denen die deutschnationalen Kräfte gegenüberstehen. Diese haben es bislang aber verhindert, dass es ähnlich wie in der Lausitz zweisprachige Ortsschilder gibt. Und es erregen sich die Gemüter, weil Slowenien auf seinen Zwei-Cent-Münzen den »Fürstenstein« abbilden will, wenn das Land der Eurozone beitritt.
Der hatte einst staatstragende Funktion und steht heute im Klagenfurter Museum. Ein Politikum, dass den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider dazu brachte, von der Bundesregierung in Wien einen offiziellen Protest beim Nachbarn in Laibach einzufordern.
Auch Österreichs starke Bedenken, die Türkei in die EU zu integrieren, lassen sich nahe Klagenfurt nachvollziehen - beim Besuch der Burg Hochosterwitz. Unbezwingbar thront sie auf einem steilen Felsen, der einzige Zugang ist gleich durch 14 Tore gesichert!
Die Osterwitzer, denen das ursprüngliche Bauwerk gehörte, hatten ab 1209 das Erbamt der Mundschenken inne. Der letzte Schenk von Osterwitz wurde 1475 bei einem Türkeneinfall gefangen und starb in der Gefangenschaft ohne Erben.
Christof Khevenhüller, erster Landeshauptmann Kärntens, erhielt die Burg dann als königliches Pfand. 1571 erwarb sie sein Nachfolger Georg Khevenhüller vollständig und baute sie zur Festung mit Waffenkammer aus, wo die Bevölkerung der umliegenden Dörfer Schutz vor weiteren Türken-Übergriffen fanden.
Noch heute befindet sich die erstklassig gepflegte Anlage inklusive einem liebevoll eingerichteten Museum im Familienbesitz. Finanziert wird der Erhalt durch umfangreiche Land- und Forstwirtschaft der Khevenhüllers, die auf dem benachbarten Gutshof Niederosterwitz ansässig sind.
Im Museum sind alle Waffen zu sehen, die der Familie nach dem Einmarsch Napoleons verblieben, dazu alte Schriftdokumente und archäologische Funde von der Steinzeit bis zur römischen Epoche.
Und nicht zuletzt bietet Hochosterwitz auch einen traumhaften Blick, weswegen man unbedingt zu Fuß den Berg erklimmen sollte. Thomas Albertsen

Artikel vom 26.08.2006