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Was tun bei Spannungskopfschmerz?

Leser fragen, Experten antworten - Nachlese der Telefonaktion vom 19. Juli

Sie, liebe Leserinnen und Leser, hatten jüngst Gelegenheit, drängende Fragen rund um das Thema Spannungskopfschmerz im Rahmen einer Telefonaktion mit erfahrenen Ärzten zu besprechen. Lesen Sie hier eine Auswahl der Fragen und Antworten.
Woran erkenne ich, ob bei mir Spannungskopfschmerzen vorliegen?
Dr. med. Annette Beckmann-Reinholdt, Migräneklinik Königstein: Wenn der Schmerz nicht pulsierend, sondern drückend bis ziehend ist, und beidseitig auftritt. Der Schmerz ist von leichter bis mäßig starker Intensität. Es treten weder Übelkeit noch Erbrechen auf. Die körperliche Aktivität wird zwar eingeschränkt, aber nicht unmöglich gemacht. Die Dauer einer Spannungskopfschmerz-Episode beträgt zwischen 30 Minuten und sieben Tagen. Wenn der Schmerz an mindestens 15 Tagen im Monat auftritt, sprechen wir von chronischen Spannungskopfschmerzen.
Wenn ich lange am Computer sitze, bekomme ich prompt Kopfschmerzen. Gibt es da einen Zusammenhang?
Dr. med. Wolfgang Oestreich, Allgemeinmediziner: Unbedingt. Muskelverspannungen im Nacken- und Schulterbereich sowie im Bereich der Augen- und Gesichtsmuskeln können Auslöser für Spannungskopfschmerzen sein. Auch eine Überanstrengung der Augen kann zu Spannungskopfschmerzen führen. Überprüfen Sie, ob Ihr Bildschirmarbeitsplatz den Anforderungen entspricht und lassen Sie Ihre Sehleistung testen! Ein Tipp: Strecken Sie sich ab und zu, stehen Sie auf und gehen ein paar Schritte, damit die Verspannung erst gar nicht auftritt!
Ich bin erst 25 und habe schon häufig Kopfschmerzen. Woran kann das liegen?
Dr. med. Astrid Gendolla, Fachärztin für Neurologie, Universitätsklinikum Essen: Da sind Sie kein Einzelfall. Kopfschmerzen sind gerade zwischen zwanzig und Mitte dreißig recht häufig. Oft liegt es daran, dass man sich zu viel zumutet, gestresst ist, zu wenig schläft oder zu wenig Sport treibt. Der eine oder andere greift dann zum Glas oder zur Zigarette, um »herunterzufahren«. Das macht das Ganze nur noch schlimmer, das Risiko für Spannungskopfschmerzen steigt.
Was empfehlen Sie mir gegen meine seit Jahren bestehenden und über Tage andauernden Spannungskopfschmerzen?
Dr. med. Jens Kuhn, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Köln: Versuchen Sie zunächst, die Kopfschmerzen ohne Medikamente in den Griff zu bekommen, zum Beispiel mit Kältereizen auf der Stirn oder einem warmen Vollbad. Weiterhin sind selbst zu erlernende Entspannungstechniken hilfreich. Manchmal kann auch eine Selbstmassage mit ätherischen Ölen im Schläfenbereich nützlich sein. An Medikamenten hilft gegen den akuten Schmerz zum Beispiel der Aspirin-Wirkstoff Acetylsalicylsäure. Sind die Kopfschmerzen sehr häufig, ist eine prophylaktische und dauerhafte Einnahme zum Beispiel von Amitriptylin zu erwägen, das jedoch nur von einem Arzt verordnet werden kann.
Wie oft und wie lange soll ich solche Mittel einnehmen?
Dr. med. Annette Beckmann-Reinholdt: Diese Medikamente sollen nur kurzfristig eingenommen werden, dass heißt an maximal zehn Tagen im Monat. Ohne einen Arzt zu konsultieren, sollten Sie Kopfschmerzmittel nicht über längere Zeit einnehmen. Der Arzt kann auch klären, um welchen Kopfschmerz es sich bei Ihnen handelt, um andere Ursachen auszuschließen.
Als ich die Migräne-Kopfschmerzen nicht mehr ausgehalten habe, habe ich ein Schmerzmittel genommen. Das hat aber kaum geholfen.
Dr. med. Jens Kuhn: Medikamente gegen Migräne sollten schon zu Beginn der Kopfschmerzen eingenommen werden, und nicht erst, wenn der Schmerz schon fast unerträglich geworden ist, da sie dann manchmal nicht mehr optimal wirken.
Wichtig ist auch, eine ausreichend hohe Dosis einzunehmen. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft empfiehlt hier zum Beispiel 1000 Milligramm Acetylsalicylsäure.
Mit welchen Nebenwirkungen muss ich bei Acetylsalicylsäure rechnen?
Dr. med. Wolfgang Oestreich: Acetylsalicylsäure wird gut vertragen und hat sich seit mehr als 100 Jahren bei Millionen von Menschen als wirksam bewährt. Neue Studien konnten mittlerweile zeigen, dass der Aspirin-Wirkstoff in den verschiedensten Darreichungsformen genau so gut verträglich ist wie andere rezeptfreie Schmerzmittel, zum Beispiel Ibuprofen. Wenn Sie Fragen zu möglichen Komplikationen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben, wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker. Dort werden Sie fachkundig beraten.
Ich bin schwanger. Darf ich jetzt ein Schmerzmittel einnehmen?
Dr. med. Annette Beckmann-Reinholdt: Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen dürfen in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. In den ersten sechs Monaten der Schwangerschaft sollte Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen in der Regel nicht oder nur unter ärztlicher Kontrolle angewendet werden. Auch Paracetamol sollte nur nach strenger Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses während der Schwangerschaft angewendet werden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Vielleicht hilft es Ihnen bei leichten Beschwerden auch, ein zehnprozentiges Pfefferminzöl dreimal im Abstand von je 15 Minuten auf die Stirn und die Schläfen einzureiben.
Meine 80-jährige Nachbarin klagte seit heute Morgen über heftigste Kopfschmerzen und das, obwohl sie nie zuvor im Leben Kopfschmerzen hatte. Was kann dahinter stecken?
Dr. med. Jens Kuhn: Wenn Kopfschmerzen erstmalig im Leben auftreten, insbesondere beim älteren Menschen, dazu noch in hoher Intensität oder in Begleitung von Schwindel, Übelkeit oder Fieber, dann muss rasch ein Arzt konsultiert werden. Er kann eine schwerwiegende Erkrankung wie zum Beispiel eine Infektion oder eine Hirnblutung ausschließen.
Bei mir treten Kopfschmerzen beim Sex auf. Ist das ungewöhnlich und was kann ich dagegen tun?
Dr. med. Jens Kuhn: Kopfschmerzen bei sexueller Aktivität sind gar nicht so selten, aber für gewöhnlich harmlos. Treten Sie erstmals auf, womöglich heftig, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen. Ansonsten kann die Einnahme eines Schmerzmittels wie der Aspirin-Wirkstoff oder Indometacin etwa eine bis eineinhalb Stunden vor dem Geschlechtsverkehr vorbeugend helfen.
In manchen Schmerzmitteln sind mehrere Wirkstoffe drin. Was ist davon zu halten?
Dr. med. Annette Beckmann-Reinholdt: Wir empfehlen Medikamente, die nur einen Wirkstoff enthalten, weil Mischpräparate häufiger zu Gewöhnung führen und selbst Kopfschmerzen verursachen können.

Artikel vom 18.08.2006