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Razzia gegen Frauenhandel

Bundesweit 110 Eisdielen durchsucht: Vier Schleuser sitzen in Haft

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/Paderborn (WB). Mehr als 500 italienische Eisdielen in Deutschland sollen in einen Fall von Menschenhandel und Schwarzarbeit verstrickt sein. Gestern Nachmittag wurden bundesweit 110 Eiscafés, Wohnunterkünfte und Büros in 55 Städten durchsucht.
In Salzkotten wurden vom Zoll auch Wohnungen durchsucht. Foto: Hubertus Hartmann

Schwerpunkt der Durchsuchungen war mit 90 Objekten Nordrhein-Westfalen. In Ostwestfalen-Lippe fanden Razzien in Rheda-Wiedenbrück (Kreis Gütersloh), Salzkotten (Kreis Paderborn) und Minden statt.
Darüber hinaus waren mehr als 1800 Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls, der Bundespolizei und Landespolizeien in Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern im Einsatz. Federführend bei den Ermittlungen der Sonderkommission »Pinguin« ist die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstraftaten der Staatsanwaltschaft Bielefeld.
In Essen, Borken und Bad Aibling (Bayern) wurden gestern gegen 15 Uhr die mutmaßlichen Haupttäter der italienisch-rumänischen Schleuserbande verhaftet. Die gewaltbereite Bande soll seit 2003 bis zu 9000 Menschen nach Deutschland eingeschleust haben und auch Verbindungen zur Mafia unterhalten.
Bei den Bandenchefs handelt es sich um zwei 46 Jahre alte Italiener, eine 27-jährige Rumänien sowie einen 41 Jahre alten Rumänen. Ihnen wird nach Angaben von Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann banden- und gewerbsmäßige Einschleusung von Menschen vor allem aus Rumänien, anderen EU-Staaten sowie Südafrika, Menschenhandel und die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Es handele sich in erster Linie um Frauen die als Schwarzarbeiterinnen zu weit untertariflichen Billigstlöhnen vorwiegend in Eisdielen eingesetzt worden seien.
Arbeits- und Lohnbedingungen seien völlig unangemessen gewesen sein, sagte Dr. Heinz Michael Horst, der Sprecher der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, dem WESTFALEN-BLATT. Die Täter sollen dadurch illegal Gewinne erzielt haben. Nach Informationen dieser Zeitung beträgt der Schaden nach ersten Schätzungen mehr als zehn Millionen Euro.
Es wird nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bielefeld bereits gegen mehr als 40 Personen ermittelt. Diese Zahl werde sich noch deutlich erhöhen, sagte Pollmann. Nach Informationen dieser Zeitung sollen die Frauen von den Bandenmitgliedern auch sexuell missbraucht worden sein. Ostwestfalen-Lippe

Artikel vom 07.08.2006