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Horizont endet nicht an der Scholle

Gut Overbehme sucht weitere Partner für Werreland-Kooperation -Êmodernes Management

Von Bernhard Hertlein
Kirchlengern (WB). Der herrschaftliche Sitz von Gut Overbehme, mit Blumen im gepflasterten Innenhof und umgeben von einem Burggraben, ist eine wunderschöne Idylle. Allerdings wird hier nicht nur hart, sondern auch mit modernen Mitteln gearbeitet.

Modern ist die technische Ausstattung. GPS, das satellitengestützte Navigationssystem, ermöglicht heute die optimale Steuerung des Mähdreschers. Sich überlappende Spuren werden vermieden, die Fahrer für wichtigere Aufgaben entlastet. Zugleich registriert der Computer für jeden Platz auf dem Feld den Ernteertrag. Im Frühjahr bestimmen die auf einem Chip gespeicherten Daten an jeder Stelle, wie viel Dünger und Pflanzenschutz eingesetzt werden.
Modern sind aber auch die Management-Methoden. Das Handy gehört zur Grundausstattung des Eigentümers und Leiters von Overbehme, Carl-Mauritz von Laer. Er hält dadurch nicht nur den Betrieb zusammen, sondern kann auch rasch reagieren, wenn etwa ein Rohstoff plötzlich im Preis deutlich fällt.
Nur ein Viertel seiner Arbeitszeit verbringt der Chef, zu dessen Belegschaft neben der Familie noch zwei Angestellte, drei Auszubildende und mehrere Erntehelfer gehören, auf dem Feld. Dagegen nimmt ihn die Büroarbeit zu 40 Prozent in Anspruch. Der Rest entfällt auf Kontrollen und die Beschäftigung mit Innovationen. Ein tägliches Ritual ist das gemeinsame Mittagessen. Laer: »Menschen sind keine Maschinen, und das muss man spüren.«
Modern ist zudem, dass das Denken in Overbehme nicht an der eigenen Scholle endet. Als der heutige Eigentümer 1982 in den elterlichen Betrieb einstieg, besorgte er sofort Rat von unabhängigen Beratern. Nicht zuletzt dadurch konnten die Erträge bei Weizen, Raps und Zuckerrüben innerhalb von sieben Jahren um 25 Prozent gesteigert werden.
1989, bei Hofübernahme, bewirtschaftete das Gut 110 Hektar. Noch im gleichen Jahr pachtete Laer von Dr. Reyner von Borries 80 Hektar in Steinlacke dazu. Inzwischen fiel der Getreidepreis weiter - von 24 Euro pro Doppelzentner Weizen auf heute nur noch zehn bis elf Euro.
Als nächster Schritt folgte - ebenfalls mit Unterstützung des Göttinger Beraterbüros -Êdie Gründung einer gemeinsamen GbR mit den Landwirten Hans-Henning Blomeyer (Gut Beck) und Karl-Wilhelm Esser (Hof Ulenburg, beide Löhne). Unter dem Namen Werreland bewirtschaften sie seit 1994 gemeinsam eine Fläche von etwa 500 Hektar. Die Erträge werden detailliert nach der eingebrachten Fläche, Arbeitszeit oder Maschinen aufgeteilt.
Die Sache hat sich so bewährt, dass sie nun im Rahmen einer neu zu gründenden GmbH ausgeweitet wird. Verhandlungen mit Interessenten laufen bereits. Ziel ist eine Fläche von etwa 1000 Hektar.
Ein weiterer Schritt zur Zukunftssicherung erfolgte im vergangenen Jahr mit dem Einstieg in den Kartoffelanbau. Dazu investierte die GbR mehr als eine Million Euro in Maschinen und Lager, in denen bis zu 5500 Tonnen Kartoffeln und 1000 Tonnen Zwiebeln untergebracht werden können. Hauptabnehmer für die Sorten Lady Rosetta und Saturna ist der zum Pepsi-Konzern gehörende niederländische Chips-Hersteller Fritulay. Um hier gelistet zu werden, ist ein Katalog von 180 Forderungen einzuhalten.
Zeitweise Überlegungen, im Osten Deutschlands, wo die Flächen größer sind, neu anzufangen, hat Carl-Mauritz von Laer 2005 endgültig beiseite geschoben. Er hängt an Overbehme, wo die 15 Mietwohnungen nach großzügigen Renovierungen inzwischen auch rentabel sind. Das nächste Projekt ist die Einrichtung einer zentralen, mit Hackschnitzeln und teilweise mit Holzresten aus dem eigenen Wald befeuerten Heizungsanlage.

Artikel vom 03.08.2006