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Zweitgeborener mit Unternehmergeist

Brinkmann setzt in Delbrück auf Geflügelzucht -ÊAbschied von Balbona - neuer Partner ISA

Von Bernhard Hertlein
Delbrück (WB). »Impfen«, antwortet Eckhardt Brinkmann auf die Frage, ob es ein Mittel gegen die Vogelgrippe gebe. Die jüngste Entwicklung bei Glaxo scheint sein Vertrauen in die Pharmaindustrie zu rechtfertigen. DochÊauch wenn ein Impfstoff vorliegt: Ob er zum Einsatz kommt, ist nach Ansicht des Hühnerzüchters aus dem ostwestfälischen Delbrück fraglich.

»Impfen ist aus ideologischen Gründen verpönt«, sagt Brinkmann, der klare Worte nicht scheut. Insgesamt scheint ihm die Landwirtschaftspolitik vor allem in Berlin zu sehr von Ideologie und zu wenig von Sachverstand geprägt. Die gleiche Kritik richtet er übrigens auch gegen die Medien. Horst Seehofers Aufstallgebot für Geflügel sei übertrieben gewesen -Êund teuer: »Die Vogelgrippe hat vielen Legebetrieben gerade im Hochstift einen ziemlichen Schaden zugefügt.«
Brinkmann entstammt selbst der Landwirtschaft. Den elterlichen Gutshof in Bebra mit 150 Hektar bewirtschafteter Fläche übernahm der ältere Bruder. Heute betreibt dort der Schwiegersohn einer ostwestfälischen Industriellenfamilie Bio-Landwirtschaft.
Eckhardt Brinkmann jedoch verschlug es vor 33 Jahren in die Geflügelzucht. Um sich selbstständig zu machen, kaufte er 1972 einen stillgelegten Bauernhof in Delbrück (Kreis Paderborn). Von dort knüpfte er alsbald Kontakt zu dem renommierten ungarischen Staatsbetrieb Babolna. Dieser hatte das robuste Huhn »Terra« gezüchtet. Es legte braune Eier, die besonders in West-Deutschland zunehmend gefragt waren. Brinkmann erwarb die Vertriebsrechte für Deutschland und Westeuropa. In Delbrück produzierte er die Großeltern- und Elterntiere, die er dann an andere Hühnerhalter und Zulieferer von Brütereien weiter verkaufte.
Vor zwei Jahren endete plötzlich die langjährige Kooperation mit Balbona. Brinkmann macht dafür »Probleme bei der Umstellung von der Staats- in die Privatwirtschaft« verantwortlich. Sein neuer Partner ISA, der im Großraum Paris beheimatet ist, biete mit seinen Züchtungen - der leichteren »ISA braun«Êfür Käfighaltung und der robusteren »ISA Warren«Êfür Boden, Freiland und Kleinvolieren -Êgenau das, was der Markt heute verlange.
Brinkmann vertreibt ISA in Deutschland, Schweiz und Österreich. Dabei gelangen die Elterntiere meist direkt aus der französischen Produktion an die Hühnerhalter. In Delbrück betreibt er noch einen Aufzuchtbetrieb für aktuell 28 000 (jährlich 56 000) Voliere-Hennen.
Während fast alles teurer wird, sind die Eier-Preise in Deutschland seit dem Berufseinstieg Brinkmanns sogar leicht zurückgegangen. Mit »Witwe Boltes Hähnchen-Grill« schuf sich der Delbrücker 1986 deshalb ein zweites Standbein. Heute versorgen 130 Mitarbeiter in 60 Fahrzeugen die Kunden zwischen Delbrück, Bad Oeynhausen, Kassel und Hildesheim mit knusprigen Hähnchen, ohne dass diese wie Max und Moritz deshalb einer armen Frau aufs Dach steigen müssen.

Artikel vom 01.08.2006