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»Spart Wasser
und Dünger«

Seltenes Bewässerungsprinzip

Von Markus Poch (Text und Fotos)
Brackwede (WB). Frank Berning ist kein Landwirt, sondern Gartenbau-Techniker. Es liegt auch daran, dass die Felder des Brackweders so anders aussehen: Wie Bestandteile eines geometrischen Kunstwerkes stehen die Berningschen Pflanzen auf dem Acker, fertig eingetopft, angeschlossen an ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem. 11 000 Chrysanthemen sind es allein auf seinem Pachtgrundstück an der Winterstraße.

Die ursprünglich in Israel entwickelte und heute im gesamten Mittelmeerraum vor allem beim Obstanbau praktizierte Einzeltropf-Bewässerung gibt die strikte Ordnung auf dem Acker vor: Jede Pflanze ist von der nächsten in der Reihe einen Meter entfernt, jede Reihe von der anderen 80 Zentimeter. Nur so funktioniert der gleichmäßige Wassertransfer aus dem Brunnen des Erdbeerhofes Hambrink direkt in die Töpfe. Ein armdicker Schlauch versorgt das gesamte Feld, daumendicke Schläuche versorgen die einzelnen Reihen, strohhalmdicke Schläuche versorgen jede Blume. Mehr als 15 Kilometer Leitungen liegen auf diesem einzigen Feld.
»Ein System aus Druckminderern sorgt dafür, dass die erste Pflanze am Schlauch genau so viel Wasser abbekommt wie die letzte«, erklärt Frank Berning. »In heißen Perioden wie jetzt im Juli erhält jeder Topf drei Liter Wasser pro Tag, verteilt auf vier Bewässerungseinheiten à 20 Minuten.« Seit 2003 schwören der 42-Jährige und sein Schwiegervater Siegfried Hambrink in der Chrysanthemenzucht auf dieses Prinzip. »Herkömmliche Kreiselregner wären für eine gleichbleibende Pflanzenqualität viel zu ungenau, allein durch die Windabdrift«, betont Berning. »Mit der Einzeltropf-Bewässerung spare ich deutlich Wasser und Düngematerial.«
Probleme gibt es nur mit den Hasen. Deshalb ist das eineinhalb Hektar große Gelände engmaschig eingezäunt. Nicht etwa, dass sie sich über das frische Blattgrün hermachen würden. »Nein, nein«, sagt der Züchter. »Die Hasen haben es auf die mittelgroßen Schläuche abgesehen. Offenbar bestehen die aus einer schmackhaften Gummi-Mischung...«
Obwohl die kleinen grünen Büsche in ihren braunen Töpfen heute bereits verkaufsfertig wirken, müssen sie doch noch drei bis vier Wochen wachsen. Ihren Durchmesser von derzeit etwa 35 Zentimetern haben sie bis Ende August auf 50 bis 80 Zentimeter vergrößert. »Dann gehen die ersten Frühblüher in den Fachhandel und in die Gartencenter«, sagt Frank Berning. Der Verkauf der Mittel- und Spätblüher laufe bis Mitte Oktober.36 verschiedene Farbtöne hat er im Angebot, von den typisch goldgelben über alle Rot- und Lilatöne bis hin zu Bronze und Weiß.
Mit 2000 Jahren Kulturgeschichte ist die Chrysantheme eine der traditionsreichsten, internationalsten Zierpflanzen überhaupt. Ihr Name kommt aus dem Griechischen und bedeutet Goldblume. In Japan wird sie als Nationalblume verehrt. Frank Berning bezieht seine Zuchtansätze aus Portugal und Kenia. »Wobei die Artenforschung in den USA betrieben wird und die Zuchtlizenzen bei den Holländern liegen«, sagt der Gartenbautechniker, der sich jedes Frühjahr mit Stecklingen eindeckt. Die nur fünf Zentimeter langen Babypflanzen verbringen ihre ersten Monate im Gewächshaus, ehe Berning sie Anfang Juli zur Vollendung auf den Acker stellt. In seinem Gartenbaubetrieb in Bielefeld, Am Wellbach, hat sich der Brackweder außerdem auf die Blumenzwiebeltreiberei spezialisiert.

Artikel vom 01.08.2006