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Die »große Flatter« in 38
Kästen des Museumsfundus

»namu« freut sich über eine Schmetterlingssammlung

Bielefeld (bp). Um die 50 000 Schmetterlinge, so genau weiß es niemand, befinden sich im Besitz des Naturkundemuseums namu. Jetzt sind weitere, geschätzte 10 000 Schmetterlinge in 38 Kästen dazu gekommen, gestiftet von Gisela Tribull-Dieckmann.
Deren Mann Ernst Tribull (1914-1984), ehemaliger Direktor der Commerzbank, hatte in den 1940er Jahren Falter hinter Glas von Sammlern übernommen, selbst gefangen, gesammelt, dokumentiert. Ein Teil der Exponate stammt aus dem 19. Jahrhundert, Raritäten, Schmetterlinge, wie es sie heute fast gar nicht mehr gibt.
»Eine Bereicherung für das Museum,« sagen Dr. Isolde Wrazidlo, Leiterin des namu, und Werner Schulze, Leiter der AG ostwestfälisch-lippischer Entomologen.
Schulze zählt die Besonderheiten auf: »Die Sammlung ist komplett, enthält alle mitteleuropäischen Großschmetterlinge, sie ist gut beschriftet und gut präpariert.« So fänden sich auf den - teilweise vergilbten - Etiketten Art, Jahr des Fundes, Fundort - noch mit den Namen, die im 19. und im frühen 20. Jahrhundert gebräuchlich waren. Werner Schulze: »Wir haben einen Atlas von 1905, da können wir nachschauen, um die Schmetterlinge genau zu lokalisieren.«
Ihr Mann habe sich später vor allem für die Jagd interessiert, für die Schmetterlingssammlung keine Zeit mehr gehabt, erinnert sich Gisela Tribull-Dieckmann: »Aber die Sammlungskästen haben immer bei uns zu Hause an den Wänden gehangen.« Schulze weiß, dass solche Sammlungen vor allem vor dem Ersten Weltkrieg als Kunstwerke betrachtet wurden: »Schmetterlinge oder andere Insekten zu sammeln, mit der Botanisiertrommel hinaus in die Natur zu ziehen, das war ein Steckenpferd des gebildeten Bürgertums.« An der Art des Präparierens habe sich bis heute kaum etwas geändert: Nach dem Fangen würden die Falter auf einem Spannbrett mit ausgebreiteten Flügeln getrocknet. Schulze: »Das Wichtigste ist die Aufbewahrung in dicht schließenden Kästen und der Schutz vor Insektenfraß.«
Gisela Tribull-Dieckmann ist überzeugt, dass Schwalbenschwänze und Distelfalter, Pfauenauge, Bläulinge, Eichenzipfelfalter und der Apollofalter, der auf der »roten Liste« steht, im namu gut aufgehoben sind.
Für Isolde Wrazidlo und Werner Schulze steht fest, dass die Tribull-Sammlung, die einen Wert von rund 3800 Euro hat, nicht in den allgemeinen Museumsbestand aufgeht, sondern geschlossen erhalten bleibt. Die Museumsleiterin: »An Schmetterlingen lassen sich zum Beispiel Klimaveränderungen ablesen oder die Schadstoffe, die sie zu Lebzeiten aufgenommen haben - wichtig für die Forschung.«

Artikel vom 01.08.2006