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»Ein bewährtes
System wird
zerschlagen«

»Luftrettung« kämpft gegen Erlass

Von Annemargret Ohlig
(Text und Foto)
Senne (WB). »Wird der Erlassentwurf von NRW-Gesundheitsminister Laumann umgesetzt, dann wird bei uns das bewährte System der Patientenlufttransporte zerschlagen«, sagt Landtagsmitglied Thomas Trampe-Brinkmann (SPD). Ähnliche Befürchtungen äußerten am Freitag in einem Gespräch auf dem Flugplatz Windelsbleiche auch Klaus Müller, Geschäftsführer und Pilot des Lufttransportunternehmens »Teuto Air« und Biekra-Geschäftsführer Jürgen Lengert.

»Kommt der Erlass, werden wir das Land auf Schadenersatz verklagen«, sagt Krankentransport-Chef Lengert. Immerhin habe »Teuto Air« etwa fünf Millionen Euro in den Intensiv-Transport-Hubschrauber (ITH) Bell 222, sowie etwa 100000 Euro in dessen Medizintechnik investiert.
Beide Unternehmen hatten sich 1991 zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengefunden. Auf dem Senner Landeplatz ist der Hubschrauber stationiert, mit dem unter anderem für Krankenhäuser Patiententransporte unter Notarzt- und Rettungssanitäter-Begleitung zu Spezialkliniken durchgeführt werden. »Mit Ablauf dieses Jahres könnte das ein Ende finden«, gibt der Biekra-Chef zu bedenken. »Dann sind in unserer Gemeinschaft möglicherweise sechs Arbeitsplätze gefährdet.«
Der Grund: Das Gesundheitsministerium will der zentralen Koordinationsstelle »KOST« des Malteser-Hilfsdienstes in Hannover seine bisherige Aufgabe entziehen - aus wirtschaftlichen Gründen. Die Krankenhäuser fordern so genannte Sekundärflüge für ihre Patienten bei der KOST an. Diese organisiert - bei Gleichbehandlung der insgesamt vier nordrhein-westfälischen ITH-Standorte Köln, Münster-Greven, Dortmund und Bielefeld - die Einsätze.
Künftig soll die Koordination von den beiden Leitstellen der Standorte Köln und Münster-Steinfurt übernommen werden. Die Luftrettung dort wird vom ADAC durchgeführt. Und der möchte, so der Landtagsabgeordnete Trampe-Brinkmann, seine Standorte besser auslasten.
»Bei einer Abkehr vom Konzept der zentralen Vergabe liegt es nahe, dass die privaten Betreiber an den genehmigten Standorten Bielefeld und Dortmund nur noch dann Aufträge bekommen, wenn das bevorzugte öffentliche ITH-System kollabiert«, sagt Jürgen Lengert. »Obwohl wir bei den Flugkilometern preiswerter sind.« »Die Krankenkassen müssten hier eigentlich ein reges Interesse zeigen«, ergänzt Trampe-Brinkmann.
Komme der Erlass, könne man in Bielefeld vielleicht noch ein halbes Jahr durchhalten. Dann aber wären bei »Teuto Air«/Biekra die Arbeitsplätze von zwei Piloten, zwei Notärzten und zwei Rettungssanitätern gefährdet.
Gleichwohl macht Teuto Air-Chef Klaus Müller deutlich, dass es den Bielefelder »Luftrettern« nicht darum gehe, gegen die Standorte Köln oder Münster vorzugehen. »Wir wollen, dass der seit Jahren gewachsene und bewährte Status quo beibehalten wird und Bielefeld sowie Dortmund gleichrangig mit den beiden anderen berücksichtigt werden. Der ADAC darf kein Monopol erhalten.«
Um das zu erreichen, habe man im März ein gemeinsames Gespräch mit Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann geführt. Damals sei man optimistisch gewesen, dass der Erlass zu den Akten gelegt werde. Doch der Entwurf liegt jetzt vor. Hoffnung setzen die Windelsbleicher »Rettungsflieger« jetzt auf die Träger kommunaler Krankenhäuser, die bis zum 25. August über den deutschen Städtetag Einspruch erheben können.

Artikel vom 29.07.2006