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Vogelgrippe:
Impfstoff
rückt näher

Klinikstudie erfolgversprechend

Von Wolfgang Schäffer
Berlin/München (WB). Die Hoffnungen auf einen Impfstoff bei einer vom Vogelgrippe-Virus H5N1 ausgelösten Grippe-Pandemie wachsen. Das Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline (GSK) spricht von einem »entscheidenden Durchbruch bei der Entwicklung«.

Die ersten Daten einer klinischen Studie in Belgien hätten gezeigt, dass der getestete Impfstoff zu einer »hohen Immunantwort« führe, erklärte gestern GSK-Vorstandsvorsitzender Jean-Pierre Garnier. Bei 80 Prozent der insgesamt 400 Studienteilnehmer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren hätte nach der Impfung ein Anstieg der Antikörper festgestellt werden können.
Entscheidend dabei ist nach Ansicht von Experten, dass Glaxo nach eigenen Angaben für das neu erforschte Arzneimittel nur eine äußerst geringe Dosis des Antigens (auch Viruseiweiß genannt) benötige. Weil die weltweiten Produktionskapazitäten im Falle einer Pandemie nicht ausreichen, sei es wichtig, Immunschutz mit möglichst geringen Antigen-Mengen zu erzielen. Dies ermögliche, die Ausbeute bei der Impfstoffherstellung deutlich zu erhöhen. Im Gegensatz zu Amerika, wo derzeit noch mit deutlichen höheren Dosen des Antigens für Impfstoffe gearbeitet werde, könne man nach den von Glaxo veröffentlichen zahlen drei- bis fünf Mal so viel Impfeinheiten herstellen.
»Wenn das so zutrifft, ist das ein Hinweis darauf, dass unser Pandemie-Konzept für Deutschland und Europa aufgeht.« Susanne Stöcker vom Paul-Ehrlich-Institut spricht aber noch eher zurückhaltend von einem »Hoffnungsschimmer«. Es müssten aber erst einmal die Unterlagen des Pharmaherstellers genau studiert werden, wenn sie für den Zulassungsantrag vorgelegt werden.
Das soll nach den Vorstellung von Garnier voraussichtlich schon in den nächsten Monaten erfolgen, »wenn die Arbeit an dem Impfstoff weiter so erfolgreich verläuft«. Ziel sei gewesen, einen übergreifenden Schutz vor variablen H5N1-Stämmen zu erzeugen. Die Studie zeige, dass der eingeschlagene Weg der richtige sei.
Susanne Stöcker betont ausdrücklich, noch gebe es verhälntismäßig wenig Fälle, in denen Menschen mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert worden seien. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei überhaupt nicht bekannt. Der Virus habe sich in den vergangenen Jahren allerdings erkennbar verändert.
Fachleute befürchten, dass sich H5N1 in Zukunft so entwickeln könnte, dass es doch eine Mensch-Mensch-Übertragung geben könnte. Dann würde eine weltweite Grippewelle (Pandemie) drohen. Doch erst wenn dieses »Pandemie-Virus« entstanden und analysiert ist, kann der maßgeschneiderte Impfstoff hergestellt werden.
Susanne Stöcker erklärt das mit einem anschaulichen Bild: »Das jetzt von GSK entwickelte Medikament ist wie ein komplettes Auto zu sehen, das zwar schon mit unterschiedlichen Motoren fährt, dem aber das richtige Triebwerk noch fehlt.« Seite 4: Hintergrund
und Kommentar

Artikel vom 29.07.2006