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Windiges und Konkretes
von der Wetterfront

Fachwelt belegt: Starkstürme nehmen an Zahl nicht zu

Von Rolf Dressler
Bielefeld (WB). Folgt man der weitaus überwiegend veröffentlichten Meinung, dann ist die Richtung - zumal nach dem Hurrikan-Rekordjahr 2005 - vermeintlich klar: Starkstürme nehmen auf unserer Erde an Zahl fortwährend kräftig zu.

Tatsächlich aber ist dies keineswegs gesicherte Erkenntnis, und in Mitteleuropa und damit auch in Deutschland werden seit längerem sogar weniger Stürme verzeichnet.
Das ist in verschiedenen seriösen Fachquellen nachzulesen.
- Umfassende Erhebungen des Deutschen Wetterdienstes über besonders kräftige Sturmtiefs auf dem Nordatlantik einschließlich der Nordsee belegen, dass es seit der letzten größeren Serie schwerer Stürme in diesen Regionen von 1989/90 bis einschließlich 2005, also nun schon über mindestens anderthalb Jahrzehnte hinweg, eine abnehmende Tendenz gibt.
- Exakt das Gleiche erweist auch eine Statistik der Hamburger Bundesanstalt für Seeschiffahrt und Hydrographie. Und diese wiederum deckt sich mit dem sogenannten Index der Nordatlantischen Oszillation, der bereits seit Ende der 1980er Jahre feststellt, dass der Luftdruck über dem Nordatlantik und damit die Ost-West-Zirkulation sich sogar stetig abschwächen, was eine Verringerung der Sturmtieftätigkeit bewirkt.
Als Anzeichen für etwaige »Klimakatastrophen«-Entwicklungen wird vielfach auch das Elbe-Hochwasser von 2002 angeführt. Dem widerspricht jedoch der Deutsche Wetterdienst: Selbst bei solchen extremen Wetterereignissen seien in Deutschland bisher keine außergewöhnlichen Sondertrends zu beobachten gewesen. Vielmehr gehöre auch das Hochwasser von 2002 »zum normalen Repertoire« unserer hiesigen Klimazonen, heißt es in den »Mitteilungen der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft«, 3/2002).
Besonders aufschlussreich ist vor diesem Hintergrund und in Erinnerung etwa auch an das überflutete New Orleans und den Hurrikan »Katrina« eine Studie von Dr. Lucia Kins, vor kurzem veröffentlicht in der »Naturwissenschaftlichen Rundschau«, Ausgabe 3/2006, Seite 129 ff. Die Kernaussage dieser großangelegten Untersuchung lautet, dass die überwiegende Mehrheit der nationalen und internationalen Klimaforscher und Wetterkundler - entgegen dem öffentlichen Allgemeinbild - selbst »die Hurrikan-Rekord-Saison 2005 noch immer im Rahmen der natürlichen Schwankungen sieht«.
Näheres zu dieser Untersuchung dokumentiert diese Zeitung in Textauszügen in dem nebenstehenden Extra-Beitrag.
Dazu auch der Leitartikel

Artikel vom 22.07.2006