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Ganze Familie ausgelöscht

Student (20) erschießt Eltern und 92-jährige Großmutter

Ulm (dpa). Ein Familiendrama, das am Vortag in Erbach bei Ulm mit drei Toten seinen Anfang nahm, hat gestern ein viertes Opfer gefordert. Der mutmaßliche Mörder von Vater, Mutter und Großmutter nahm sich selbst das Leben.

Die Polizei, die bis zu 300 Beamte bei der Fahndung eingesetzt hatte, weil möglicherweise auch für den Bruder des Mannes Lebensgefahr bestand, fand die Leiche des 20-Jährigen in Ulm.
Der ehemalige Chemie-Student hatte am Montagmorgen in Erbach zunächst seinen 64 Jahre alten Vater und die aus Korea stammende Mutter (57) in der gemeinsamen Wohnung im Schlaf überrascht und mit vielen Schüssen getötet. Anschließend brachte er seine in einem nahen Altenheim wohnende Großmutter (92) auf die gleiche Weise um. Stunden später raubte der ehemalige Student an der Uni Ulm hochgiftiges Zyankali und bedrohte dort Menschen mit vorgehaltener Waffe. Erst nach und nach hatte die Polizei den Zusammenhang der Taten erkannt.
In einem Abschiedsbrief, der in seinem Auto an der Uni gefunden wurde, hatte er die Taten gestanden und seinen Selbstmord angekündigt, den er dann mit dem gestohlenen Gift durchführte. Die Taten waren nach Angaben der Ermittler lange geplant. Darauf deutete auch der mit der Maschine geschriebene Brief hin. Auf die Mutter war der psychisch gestörte 20-Jährige nach Einschätzung der Ermittler besonders wütend gewesen, weil er sie für seine »Andersartigkeit« verantwortlich machte.
Der Mann war nach Angaben der Ermittler ein Waffennarr. In seinem Zimmer im Haus der Eltern fanden die Fahnder Waffenteile und einschlägige Kataloge. Wie der junge Mann in den Besitz der Tatwaffe, einer Pistole vom Typ Walther PPK kam, war nicht bekannt. Der 20-Jährige hatte weder Waffenbesitzkarte noch Waffenschein.
Die Familie lebte nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts von Ulm, Wolfgang Zieher, bereits seit langer Zeit unauffällig in einem gepflegten Einfamilienhaus in Erbach. Der junge Mann habe allerdings psychische Probleme gehabt und sei wegen Zwangsvorstellungen zwischen 2002 und 2004 wiederholt in Behandlung gewesen. Diese Vorstellungen waren in den vergangenen Monaten nach Angaben Ziehers verstärkt wieder aufgetreten.
Der Mann, der wenig soziale Kontakte gepflegt und eine Vorliebe für Gewaltvideos gehabt haben soll, musste in der jüngeren Vergangenheit mit einigen Misserfolgen fertig werden. So brach er sein Chemiestudium ab, dem er sich nicht gewachsen fühlte. Später bekam er auch auf seine Bewerbung um eine Ausbildungsstelle eine Absage.

Artikel vom 12.07.2006