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Nahost-Konflikt eskaliert
nach neuen Entführungen

Israelische Truppen greifen die Hisbollah-Miliz in Libanon an

Tel Aviv/Beirut (dpa). Die explosive Lage in Nahost ist gestern eskaliert. Nach der Entführung von zwei israelischen Soldaten durch Milizionäre der radikal-islamischen Hisbollah marschierten israelische Einheiten in den Libanon ein.

Mit dem andauernden Einsatz im Gazastreifen kämpft die israelische Armee jetzt an zwei Fronten. Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen und bei den Kämpfen im Südlibanon starben im Laufe des Tages mindestens 24 Palästinenser, sieben israelische Soldaten und zwei Libanesen. Die USA, die UN und die EU verlangten die Freilassung der verschleppten Soldaten und riefen alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf.
Die pro-iranische Hisbollah-Miliz hatte die beiden israelischen Soldaten am Morgen bei einem Angriff auf Nordisrael aus dem Grenzgebiet verschleppt. Der israelische Regierungschef Ehud Olmert sprach von einem »Kriegsakt«. Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah verlangte die Freilassung von Häftlingen aus israelischen Gefängnissen. Er wünsche Verhandlungen.
Vier der sieben im Südlibanon getöteten israelischen Soldaten kamen ums Leben, als ihr Panzer im Grenzgebiet auf eine Mine fuhr. Unklar blieb, wie viele Hisbollah-Kämpfer starben. Die israelische Armee bereitete die Mobilisierung tausender Reservisten vor. Verteidigungsminister Amir Perez genehmigte bei einem Treffen mit der Militärspitze am Abend, weitere Operationen im Südlibanon. »Die Hisbollah wird solange unter Feuer genommen, bis sie den Moment bereut, an dem sie diese Aktion begonnen hat«, sagte Perez.
Es ist das erste Mal seit dem Abzug der Israelis aus dem Südlibanon im Jahr 2000, dass die Armee in dem Gebiet steht. Eine Armeesprecherin sprach von den schwersten Kämpfen seit dem damaligen Abzug. Hisbollah-Chef Nasrallah erklärte, es gebe keine israelische Invasion. Israelische Panzer seien nur an einer Stelle vorgerückt und zurückgeschlagen worden.
Nach Angaben des israelischen Rundfunks operierte die israelische Armee am Boden, aus der Luft sowie von See aus. Die Luftwaffe habe mindestens 30 Ziele angegriffen, Kampfflugzeuge kreisten über der Hauptstadt Beirut.
Bei der Bombardierung einer Brücke starben mindestens zwei libanesische Zivilisten, 15 weitere Menschen wurden bei Luftangriffen verletzt, darunter fünf libanesische TV- Journalisten.
Unterdessen gingen israelische Operationen auch im Gazastreifen weiter, wo mindestens 24 Palästinenser getötet und der Chef des militärischen Arms der Hamas, Mohammed Deif, bei einem Luftangriff verletzt wurde. Israel hatte die Offensive in dem Autonomiegebiet begonnen, nachdem militante Palästinenser vor über zwei Wochen einen Soldaten in den Gazastreifen verschleppt hatten.
Ministerpräsident Olmert machte die libanesische Regierung für die Angriffe verantwortlich, sie müsse die Konsequenzen tragen. Die israelische Reaktion werde »zurückhaltend, aber sehr schmerzhaft« sein. Die Hisbollah ist in der Regierung in Beirut mit zwei Ministern vertreten sowie mit elf Abgeordneten im Parlament.
Seite 4: Kommentar

Artikel vom 13.07.2006