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Zwillingsbrüder führen Polen

Jaroslav Kaczynski wird neuer Regierungschef

Warschau (dpa/Reuters). Die Zwillingsbrüder Jaroslav und Lech Kaczynski stehen künftig als Regierungschef und Staatsoberhaupt an der Spitze Polens.
Durch den Rücktritt von Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz wird der Platz für Jaroslaw Kaczynski als Partner von Staatspräsident Lech Kaczynski frei. »Es ist eine natürliche Situation, dass der Parteichef die Regierung führt«, sagte Jaroslav Kaczynski, zugleich Vorsitzender der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS).
Kaczynski widersprach Befürchtungen, der Rücktritt Marcinkiewiczs werde Unruhe an der Börse auslösen und zu einem Kurssturz des polnischen Zloty führen. Ein Ende der Regierungskoalition der PiS mit der radikalen Bauernpartei Samoobrona und der nationalistischen Liga Polnischer Familien zeichnet sich auch nach dem Wechsel an der Regierungsspitze nicht ab. Die PiS hat im Parlament keine Mehrheit. Der Samoobrona-Vorsitzende und stellvertretende Ministerpräsident Andrzej Lepper erklärte, Marcinkiewicz sei »zum Rücktritt gezwungen« worden.
Nach demWechsel an der Spitze der polnischen Regierung mehren sich Sorgen über einen zunehmend Europa-skeptischeren und nationalistischen Kurs des deutschen Nachbarn. In Parteikreisen hieß es, Marcinkiewicz sei zuletzt mehrfach mit den Kaczynskis aneinander geraten. Streitpunkte seien dabei unter anderem die Besetzung von Ämtern sowie die generelle Richtung der Politik gewesen. Während Marcinkiewicz zumindest im Ansatz versucht habe, ausländischen Investoren mit Versprechen zu Markt-Reformen entgegen zu kommen, wollten die Zwillinge vielmehr die heimische Wirtschaft vor ausländischer Dominanz schützen. Das Fass sei übergelaufen, nachdem Marcinkiewicz zuletzt einen Berater zum Finanzminister gemacht und sich ohne Absprache mit Oppositionsführer Donald Tusk getroffen habe. Seite 2: Kommentar

Artikel vom 10.07.2006