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Einsatz hinter den WM-Kulissen

Kerstin Neumann hat als Volunteer in München die Spiele erlebt

Von Stefanie Hennigs
Versmold (WB). Wenn der Schiri unten auf dem Platz anpfeift und 66 000 Menschen jubeln, hat Kerstin Neumann oben das erste Mal wieder Zeit, durchzuatmen: Denn dann sitzen auch alle VIPs auf ihren Plätzen. Alle WM-Wochen hat die Versmolderin als Volunteer am Spielort München gearbeitet. »Es war die ganze Zeit über unheimlich spannend«, sagt die 26-Jährige begeistert.

Eins vorweg: Natürlich hatte die Versmolderin auch Zeit, die Spiele zu sehen, die in München ausgetragen wurden. »Doch die Tage vor den Spielen und am Tag selber bis zum Anpfiff haben wir gearbeitet«, erzählt Kerstin Neumann. Als eine von 1500 Volunteers - Freiwillige, die unentgeltlich ihren Einsatz angeboten hatten -Êwar sie im München »am Ball«. Und zwar im VIP-Bereich - dort, wo Beckenbauer und Merkel, Köhler, Schäuble und Gottschalk die Spiele verfolgten, war sechs Spiele lang der Arbeitsplatz der Versmolderin.
So viele Eindrücke, so viele Erlebnisse, die unglaublich mitreißende Stimmung im Stadion und in der Stadt, die vielen Begegnungen - kein Wunder, dass die 26-Jährige gar nicht weiß, was sie als erstes erzählen soll. »Unsere Aufgaben waren unter anderem, die VIPs zu begrüßen, sie zu ihren Plätzen zu bringen und Anfragen für VIP-Tickets zu bearbeiten«, erzählt sie rückblickend. Auch die Betreuung der Hostessen und das Hinausbegleiten der Prominenten nach dem Spiel fiel in ihren Aufgabenbereich.
Vor allem vielen Prominenten aus dem Sport- und Fußballbereich, ehemaligen Nationalspielern und Trainern begegnete die Versmolderin immer wieder: Franz Beckenbauer und Boris Becker ließen sich die Spiele genauso wenig entgehen wie Rainer Calmund und Berti Vogts. »Zum Eröffnungsspiel war auch Claudia Schiffer da.« Doch anstatt auf dem für sie reservierten VIP-Platz zu sitzen, mischte sich das Supermodell lieber unter die Fans. »Das fand ich sehr sympathisch.« Star-Allüren habe sie auch nicht feststellen können: »Ich habe viel Freundlichkeit erlebt, einige haben sich Zeit dafür genommen, auch uns zu begrüßen oder sich mit uns zu unterhalten.«
Das Herzklopfen vom Eröffnungsspiel - schließlich begegnet man diesen Persönlichkeiten nicht jeden Tag -Êhat sich bei Kerstin Neumann jedoch schnell gelegt. »Schließlich sind das auch nur Menschen, die gerne das Spiel sehen wollen.« Selbstverständlich wurde auch im VIP-Bereich, der immer wieder von den Fernsehkameras eingefangen wurde,Êmitgezittert: »Doch im Fan-Bereich herrschte eine ganz andere Stimmung.« Besonders mitreißend sei nicht nur die Atmosphäre beim Eröffnungsspiel gewesen, sondern auch bei der Achtelfinalbegegnung Deutschland gegen Schweden. »Auch das Spiel Elfenbeinküste gegen Serbien-Montenegro war einfach toll, obwohl beide Mannschaften schon ausgeschieden waren. Trotzdem war es grandios. Die ÝWelleÜ ging mehrfach durchs Stadion, die Spieler machten Regentänze auf dem Rasen.«
Auch außerhalb des Stadions, in den Straßen und Biergärten, in der U-Bahn und auf der Fanmeile sei die Stimmung einfach riesig gewesen - und ist es nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft immer noch. Gut in Erinnerung bleiben wird ihr, wie positiv Gäste aus anderen Nationen die WM empfunden haben: »Ihr habt ein tolles Land, und ihr spielt so toll«, hat sie immer wieder gehört.
Jederzeit, sagt sie rückblickend, würde sie sich wieder als WM-Volunteer melden. »Auch wenn wir viel gearbeitet haben. Aber es hat sich immer wieder gelohnt - und wenn angepfiffen wurde, war die Anstrengung wie weggeblasen.« Die letzten WM-Spiele kann sie ganz ohne Arbeit erleben - denn dann sind die Volunteers in Stuttgart und Berlin gefragt. Entgehen lassen wird sie sich die Spiele natürlich trotzdem nicht -Êauf der Leinwand oder im Fernsehen, »da, wo was los ist.«

Artikel vom 08.07.2006