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El-Kaida-Unterstützer
in Hamburg gefasst

Deutsch-Marokkaner soll Attentäter rekrutiert haben

Hamburg/Kiel (dpa/Reuters). Die Bundesanwaltschaft hat in Hamburg einen mutmaßlichen Unterstützer des Terrornetzwerks El Kaida festnehmen lassen.
Der Deutsche marokkanischer Herkunft soll Selbstmord-Attentäter für den Irak rekrutiert haben und Kontaktmann für Said Bahaji gewesen sein, einen der mutmaßlichen Hamburger Planer der Anschläge vom 11. September.
Bisherige Ermittlungen hätten aber keine Anhaltspunkte auf Anschlagsplanungen oder -vorbereitungen in Deutschland ergeben, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit.
Als Reaktion auf die Festnahme bekräftigte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Forderung, endlich Bundeswehr-Einsätze im Inland zu ermöglichen. »Wir haben eine Bedrohung durch den internationalen Terrorismus. Deutschland ist Teil eines allgemeinen Gefahrenraums«, sagte er der »Bild am Sonntag«. »Für den Fall, dass sich die Bedrohung konkretisiert, brauchen wir nach meiner Überzeugung zur Terrorabwehr eine zusätzliche Reserve. Wenn nicht genügend Polizisten zur Verfügung stehen, könnten wir dann auf Bundeswehr-Soldaten zurückgreifen.«
Die SPD ist dagegen allenfalls bereit, über einen Einsatz der Bundeswehr zur Abwehr terroristischer Angriffe aus der Luft oder von See her zu sprechen. Laut Grundgesetz darf die Bundeswehr im Landesinnern nur bei der Bewältigung von Katastrophen eingesetzt werden.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wurde gegen den 36-Jährigen Haftbefehl erlassen. Der Mann habe in Kiel gelebt, wo mehrere Wohnobjekte durchsucht worden seien. Die Festnahme sei bereits am Donnerstag erfolgt.
Die Ermittler hatten zuvor Gespräche im Internet überwacht. Die Behörde gibt den Namen des Verhafteten mit Redouane E. H. an. Es habe zuletzt Hinweise gegeben, dass dieser Deutschland verlassen wolle.
Der Beschuldigte besitze zahlreiche Kontakte zum internationalen Netzwerk gewaltbereiter Islamisten unter anderem in Syrien, Algerien und im Irak, berichtete die Bundesanwaltschaft weiter. Eine Sprecherin betonte, man stufe den Mann zunächst als Unterstützer ein und nicht direkt als Mitglied von El Kaida.
Ende November 2005 absolvierte er den Angaben zufolge in einem Lager in Algerien einen Sprengstofflehrgang bei einer terroristischen Vereinigung. Der 36-Jährige sei dringend verdächtig, El Kaida unterstützt zu haben, indem er Kämpfer für Selbstmord-Attentate im Irak anwarb und die Gruppe mit Geld unterstützte.
»Dieser Verdacht ergibt sich insbesondere aus überwachten Chat-Gesprächen des Beschuldigten«, hieß es. Die Einbindung des Mannes in das weltweit agierende Logistiknetzwerk der Terrorgruppe belege vor allem dessen Funktion als Nachrichtenübermittler für Said Bahaji, den die Ermittler zu der so genannten Hamburger Terror-Zelle um Mohammed Atta zurechnen. Die Zelle soll die Anschläge am 11. September 2001 mit vorbereitet und ausgeführt haben. Bahaji befindet sich seit Anfang September 2001 auf der Flucht.
Aus Sicht der Bundesanwaltschaft ist Bahaji in die Terror-Organisation El Kaida eingebunden. »Er weiß, dass er - um seinen derzeitigen Aufenthaltsort weiterhin geheim halten zu können - nur über Nachrichtenmittler, die in konspirativem Verhalten geschult sind, Kontakt mit seiner Ehefrau aufnehmen kann.«
Mit dieser Aufgabe könne nur eine Person aus dem Logistiknetzwerk der El Kaida betraut sein. Nach den bisherigen Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes hatte der jetzt verhaftete Deutsch-Marokkaner Redouane E. H. diese Aufgabe.

Artikel vom 10.07.2006